Die Erwähnung von Bruno Kreisky löst immer noch bei vielen Österreichern nostalgische Gefühle aus. Und diejenigen, die sich der SPÖ verbunden fühlen, haben in besonderem Maße das Gefühl, dass es unter Kreisky besser für das Land und für die Partei gelaufen ist als heute – Kanzler und Parteichef Christian Kern will nun genau dort anknüpfen.

Zur Erinnerung: Kreisky übernahm die Partei in der Opposition, lenkte die SPÖ mit der Kampagne für die 40-Stunden-Woche auf jenen Kurs, der den zunächst skeptischen Gewerkschaftsflügel motivierte, und führte sie gleichzeitig mit allerhand Modernisierungsversprechen in die politische Mitte. Er gewann vier Nationalratswahlen in Folge.

Kern beruft sich gerne auf Kreisky, zieht für einen Arbeitstag in der Woche in dessen Arbeitszimmer in der Löwelstraße. Kleingeister meinen, ein Kanzler habe dort nichts verloren. Das stimmt nicht: Der Kanzler braucht seine Partei hinter sich, wenn er gestalten will – und er muss zeigen, dass er auf die Basis hört und dort nicht nur "das übliche Gesudere" (Copyright: Exkanzler Alfred Gusenbauer) vernimmt. Die Symbole allein machen es aber nicht aus. Der Parteivorsitzende muss auch führen, muss glaubwürdig vertreten, dass die SPÖ für die Armen, Schwachen und Verfolgten da ist.

Auch wenn das manch sattem Genossen mehr an Solidarität abverlangt, als er derzeit einzusetzen bereit wäre. (Conrad Seidl, 3.10.2016)