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Samsung rief nun auch bereits ausgetauschte Geräte zurück.

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Samsung-Smartphones sind gefährlich: Nahezu täglich wird Nutzern und potenziellen Kunden diese Botschaft eingebläut. Mit dem absoluten Verkaufsstopp und dem Rückruf aller Galaxy-Note-7-Geräte hat die Katastrophe für Samsung ihren Höhepunkt erreicht. Nutzer sollen ihre Geräte "sofort ausschalten" und nicht mehr verwenden – auch wenn sie von Samsung zuvor ein vermeintlich "sicheres" Ersatzgerät erhalten haben. Die Produktion des Geräts wird komplett eingestellt, Analysten erwarten einen Gewinnentgang in Höhe von mehreren Milliarden Dollar und eine verheerende Beschädigung der Marke.

Die Affäre rund um brennende Akkus hat natürlich etwas mit Samsung-Interna zu tun: Der Firmenpatriarch Lee Kun-hee ist schwer krank, eine überfällige interne Neustrukturierung wurde deshalb immer wieder verschoben. Die Firmenkultur des südkoreanischen Quasi-Staatskonzerns soll äußerst harsch sein: 1995 mussten sich rund 2.000 Arbeiter vor einer Fabrik versammeln, wo 150.000 defekte Fernseher, Handys und Faxgeräte gestapelt waren. Aus Wut über Produktionsfehler soll Lee einige Geräte mit einem Hammer zertrümmert haben, anschließend ließ er sie vor den Augen der Arbeiter anzünden. Dass besorgte Mitarbeiter nach solchen Aktionen den Chef aufsuchen, um ihn vor Fehlern in neuen Geräten zu warnen, ist zu bezweifeln.

Symptom tieferliegenderen Krise

Gleichzeitig ist die Affäre rund um das Galaxy Note 7 aber auch Symptom einer tieferliegenden Krankheit, die die ganze Smartphone-, wenn nicht gar die gesamte IT-Branche erfasst hat. Denn auch der chinesische Aufsteiger Xiaomi kämpft mit explodierenden Geräten, während Apple momentan von 10.000 Nutzern wegen defekter iPhone-6-Geräte geklagt wird. Kumuliert zeigen diese Fälle, dass die Branche nicht auf Qualität achtet, weil Mängel den straffen Zeitplan für neue Geräte gefährden würden.

Jedes Jahr müssen die wichtigsten Modelle noch leistungsfähiger und dünner gemacht werden. Die Produktionszyklen sind derartig kurz, dass etwa schon vor der offiziellen Ankündigung des iPhone 7 erste Gerüchte über dessen Nachfolger im Umlauf waren. Große Innovationen gehen sich da nicht aus. Wie die Fälle iPhone 6 und Galaxy Note 7 zeigen, können mittlerweile aber selbst kleine Adaptionen schiefgehen. Würden Hersteller Geräte verschieben und sich damit möglicherweise Verkäufe in Millionenhöhe entgehen lassen, gäbe es heftigen Radau durch Aktionäre. Der Fokus der Firmenspitze liegt auf den nächsten Quartalszahlen, nicht auf der langfristigen Zufriedenheit der Kunden.

Kunden haben Recht auf Qualität

Die Kunden müssen nun aber lauter als Aktionäre protestieren. Wer mehr als 850 Dollar für ein Smartphone ausgibt, darf sich erwarten, dass das Gerät nicht in Flammen aufgeht und die eigene Gesundheit gefährdet. Samsung muss aus der Galaxy-Note-7-Katastrophe Konsequenzen ziehen. Aber allein kann Samsung aus dem endemischen Wettbewerb nicht aussteigen. Es liegt an den Nutzern, das Spiel um jährlich neue Smartphones nicht mehr mitzuspielen und jene Unternehmen zu belohnen, die tatsächlich auf Qualität setzen. (Fabian Schmid, 11.10.2016)