Die US-unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) haben am Sonntag den Beginn der Offensive auf die syrische IS-Hochburg Raqqa verkündet. Nun ist jede Entwicklung, die zehntausende Zivilisten vom Joch des "Islamischen Staats" befreit und hoffentlich dessen Ende beschleunigt, zu begrüßen. Problematisch ist aber, dass bei solchen Entscheidungen außer der Logik des Kampfs gegen den IS auch stets die der Rivalitäten und Feindschaften aller anderen mitspielen.

Ankara versuchte die USA vergeblich davon zu überzeugen, dass die syrisch-kurdischen PKK-nahen YPG-Milizen, stärkste Kraft innerhalb der SDF, in Raqqa nicht mitkämpfen sollen. Der Beginn der Offensive, natürlich inklusive YPG, findet nun wohl nicht zufällig in einem Moment statt, in dem die Türkei stark mit sich selbst beschäftigt ist und von außen scharf kritisiert wird. Aber Präsident Tayyip Erdogan, dessen Ideologen mittlerweile offen von türkischen Ansprüchen in Syrien und im Irak reden, lässt sich nicht ausbooten und verkündet seinerseits, dass die türkische Eroberung der syrischen Stadt al-Bab vor der Tür steht. Die Türken kämpfen gleichermaßen gegen den IS und die YPG.

Und die USA wollen natürlich nicht nur den IS besiegen, sondern – durchaus verständlich – auch die Russen ausbremsen. Aber dass nicht nur militärische Siege, sondern auch politische Lösungen nötig sind, um Frieden zu schaffen, wird wieder einmal vergessen.
(Gudrun Harrer, 7.11.2016)