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Kalifornische Winzer beginnen sich aus dem Würgegriff von Kritikerpapst Robert Parker zu befreien.

Foto: Reuters/Nicholson

In Zeiten wie diesen bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als Wahlergebnisse schönzutrinken. Aus gegebenem Anlass böten sich da Weine aus den USA an. Die sind nämlich besser als ihr Ruf: Selbst kalifornische Gewächse, lange Zeit Inbegriff für grobschlächtigen Populismus, überraschen zunehmend mit geradezu zurückhaltender Vornehmheit. Langsam scheint man sich aus dem Würgegriff des amerikanischen Kritikerpapstes Robert Parker zu befreien, der Wuchtigkeit zur obersten önologischen Maxime erhob.

"Zu reif, zu süß, zu überladen", beurteilt Rajat Parr (Domaine de la Côte) diese Stilistik. Seine filigranen Pinots noirs sind in den USA längst Kult. Vor einigen Jahren gründete er die Winzervereinigung In Pursuit of Balance, die den von Parker gehypten Fruchtbomben den Kampf ansagte. Parker wiederum soll die Gruppe in beinahe Trump'scher Manier als "Dschihadisten" beschimpft haben.

Auch Steve Matthiasson ist bei der Bewegung: Neben seriösen Cabernets produziert er so "exotische" Rebsorten wie Ribolla oder Refosco. Existenzielle Freude bereitet auch der Chardonnay Kierkegaard von Maître de Chai oder der maischevergorene Sauvignon The Prince in His Caves von Abe Schoener, einem ehemaligen Professor für antike Philosophie und möglichem Retter transatlantischer Beziehungen. (Christina Fieber, RONDO, 1.12.2016)