Wien – Die österreichischen Universitäten wollen die Kritik an mangelnder Transparenz bei Drittmitteln nicht so recht verstehen. Markus Müller, Rektor der Medizinischen Universität Wien, sagt dazu im STANDARD-Gespräch: "Wir können uns diese Frage nicht leisten." Angesichts der finanziellen Ausstattung der Hochschulen seien Drittmittel schlicht notwendig: Rund 95 Prozent des Budgets der Med-Uni gingen allein in Personalkosten auf.

Markus Scholz, der für Transparency Austria die Arbeitsgruppe in puncto Drittmittelfinanzierung leitet und die Debatte angestoßen hat, will diese Form der Finanzierung auch gar nicht "unter Generalverdacht stellen". Für ihn existiert ein "allgemeines Transparenzproblem". Dem müsse gegengesteuert werden, etwa mit entsprechenden Verträgen zwischen Forschungseinrichtungen und Geldgebern. Der Professor für Wirtschaftsethik an der FH Wien fordert auch Schlichtungsstellen, damit die "Forscher nicht mit der Problematik alleingelassen werden", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD. Scholz plant in Kooperation mit dem Wissenschaftsministerium eine Erhebung über die Höhe und Verwendung fremdfinanzierter Forschung.

Müller verweist auf den eigenen Kodex der Wiener Med-Uni. "Wir nehmen kein schmutziges Geld" – wie beispielsweise von der Tabakindustrie, sagt er. Das Budget der Med-Uni Wien beträgt etwa 335 Millionen Euro im Jahr, die das Wissenschaftsministerium zur Verfügung stellt. Zusätzlich lukriert die Med-Uni 85 Millionen Euro aus Drittmitteln. Die Hälfte der Summe stamme von Kooperationen mit der Pharmaindustrie. Der Rest setze sich etwa auch aus Spenden oder öffentlichen Aufträgen zusammen. Scholz warnt allerdings: In Deutschland und der Schweiz hätten erst Skandale zu verbesserten Transparenzregeln geführt – "wir müssen nicht auf einen Korruptionsfall warten, um hier nachzuschärfen."

Uni und Ölriese

Die Uni Wien bekommt für die Periode von 2016 bis 2018 rund 1,2 Milliarden Euro vom Bund – jährlich kommen 75 bis 80 Millionen an Drittmitteln hinzu. Ein großer Teil davon stamme hier allerdings von Einrichtungen wie dem Wissenschaftsfonds, nicht von privaten Unternehmen, erklärt eine Sprecherin: "Wir wissen genau Bescheid über die Herkunft der Drittmittel und haben strenge Regeln für die Verwendung, um die Freiheit der Wissenschaft sicherzustellen", sagt sie. Beispiele für Unternehmen, von denen Drittmittel lukriert wurden, seien der heimische Ölriese OMV oder das deutsche Einzelhandelsunternehmen Tchibo.

Deutlich mehr Fremdgelder erhält die TU Graz: Rund ein Drittel des jährlichen Gesamtbudgets speise sich aus Drittmittelquellen. Das Geld fließe nicht in einen großen Topf, sondern zweckgebunden an ein Projekt, erklärt eine Sprecherin. Alles, was von der öffentlichen Hand gefördert werde, unterliege Offenlegungspflichten. Bei Auftragsforschung seien hingegen "vertragliche Bestimmungen hinsichtlich des Datenschutzes" zu berücksichtigen. (Marie-Theres Egyed, Katharina Mittelstaedt, 15.11.2016)