Wien – Als Kinder sind Randy und Geoffrey beste Freunde. So sehr ein Herz und eine Seele, dass es beim Schere-Stein-Papier-Spielen immer unentschieden ausgeht, weil sie dasselbe zeigen. Man stelle sich diese Langeweile auf einer Bühne vor. Deshalb zieht der eine, Geoffrey, nach St. Pölten. Dramaturgische Notwendigkeit.

Wie um Herrgottswillen aber ein Randy und einen Geoffrey in der niederösterreichischen Gegend das Licht der Welt erblicken konnten und warum hier auch alle weiteren Figuren englische Namen tragen, ist unerklärlich. Internationalisierung, maybe. Fokus auf den Weltmarkt, vielleicht. Oder will die dramatische Kunst – und derer auch die kleine – schlicht ihr Recht auf die Komplizenschaft des Publikums erproben: Frag nicht nach, nimm hin? Es wird schon (k)einen Grund dafür geben.

20 Jahre später treffen sie einander jedenfalls wieder. Der eine Kellner und an der Sieben-Abonnenten-Marke kratzender Musik-Youtuber, der andere Marketingjuniorassistantmanager. Plakativer hätte die soziale Schere nicht aufgegangen sein können.

Zwölf gemeinsame Jahre

Hier der liebenswürdige Nichtsozialversichte und da der Karrierist mit dem Stock im Arsch, der zu schüchtern ist, um die Frau seiner Träume anzusprechen – man kann sich ausmalen, wohin das führen wird. Es gehört die Perspektive des jeweils anderen kennengelernt! Mit opulenterer Ausstattung und gefühligerem Tonfall hätte die Story zum Matthias-Schweighöfer-Film gereicht.

Beides haben Gerafi aber nicht im Portfolio. Seit zwölf Jahren stehen Gerald Dell'mour und Rafael Wagner gemeinsam auf der Bühne, Zusammen sind wir individuell heißt dieses dritte Stück der Musikkabarettisten. Mit nur wenig Requisiten, selbstgemachter Musik und unheimlich viel Spielfreude schlüpfen sie in die Handvoll sich auftuender Rollen – und ins Gegenüber. Stets siedeln sie dabei jenseits der Grenze zur Überdeutlichkeit.

Was sich zwischen Prekariat und Kapitalismus ergibt, findet immer wieder auch den Weg in beherzte Songs. "I brauch Trinköööd … wie der Künstler den Applaus", heißt es in einem von ihnen über das Kellnern. Den bekamen sie bei der Premiere im Theater am Alsergrund reichlich. (wurm, 24.11.2016)