Weinmessen und Adventmärkte weisen Parallelen auf: die Dichte an drängenden, verhaltensauffälligen Menschen.

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Es ist immer wieder ein erniedrigendes Schauspiel: Weinmessen oder auch Weinfestivals, wie sie hochtrabend genannt werden, sind so anziehend wie Weihnachtsmärkte an Adventsonntagen. Es stinkt zwar nicht so erbärmlich nach Langos und Billigpunsch – die Dichte an drängenden, verhaltensauffälligen Menschen ist aber die gleiche. Menschen, die sich sonst dezent hinter Bankschaltern oder ihren Schreibtischen verbergen, sind unter Alkoholeinfluss oft völlig entfesselt.

Beispiel gefällig? Ein Mann mittleren Alters nähert sich dem Weinstand eines italienischen Winzers – bei der Verkostung einer italienischen Weinregion, wohlgemerkt. Mann im Befehlston: "An Rotwein!" Winzer: "Sorry, I don't speak German – English?" Mann grunzend: "Na Russisch!" (kann sich vor Lachen kaum halten.) – "Give me red wine!"

Winzer (schon etwas verzweifelt): "I'm only making white wine" (unschwer an der hellgelben Flüssigkeit in den durchsichtigen Flaschen zu erkennen). Mann: "Donn mochn S' an Rotwein!" Zieht ab. Der Winzer bleibt ratlos zurück. Man kann es ihm nicht verdenken, sollte das sein letzter Besuch in Österreich gewesen sein – wenngleich sich betrunkene italienische Verkoster vermutlich auch nicht von ihrer vornehmsten Seite zeigen. Es liegt wohl in der Natur von Weinmessen, in Veranstaltungen zur Volksbelustigung abzudriften. (Christina Fieber, RONDO, 22.12.2016)