Feiern zwischen Frust und Exzess.

Foto: Alexi Pelekanos

St. Pölten – Wegen der Kinder und wohl auch aus Gewohnheit hat man es in Alan Ayckbourns Schöne Bescherungen noch nicht aufgegeben, Weihnachten zusammen zu verbringen. Weil Familie ist, wenn man trotz allem zusammen unterm Baum sitzt und süffelt.

Den Baum Christian Kiehl (liebevoll die Ausstattung) in die Bühnenmitte des Niederösterreichischen Landestheaters gestellt. Daneben den Fernsehsessel, in dem der etwas rabiate Onkel (Franz Haxer Zach) am heiligen Abend Gewaltfilme schaut; davor die Stehleiter, auf der Belinda (Bettina Kerl) zwecks Aufputz im kurzen Kleidchen herumturnt, doch nicht einmal das beschert ihr noch die Aufmerksamkeit des Gatten (Lukas Spisser). Seine trinkfreudige Schwester (Jaschka Lämmert) ist indes in der Küche schon fertiger als der Lammbraten, ihr Mann (Michael Scherff) fiebert, anders als der Rest, seiner alljährlichen Puppentheatereinlage entgegen.

Einigkeit nur im Strick

Noch die dysfunktionalste Komödienfamilie braucht eben eine gelungene Zusammensetzung. Jene erweitern Zeynep Bozbay und Tim Breyvogel als darob nicht übermäßig frohe Jungeltern. Einigkeit und Harmonie demonstriert während der drei Feiertage bald nur noch die Kleiderwahl: gleich gemusterte Pullover. Ein schönes Bild nach außen.

Das gewohnte Alle-Jahre-Wieder also, wäre da nicht der Gast der frigiden Rachel (Eva Maria Sommersberg): ein etwas verhuschter Literat (Tobias Artner), an dem die übrigen Damen bald sichtlich Interesse zeigen. Wie alles Übrige an dieser Feier zwischen Frust und Exzess muss aber auch der Ehebruch unterm Bethlehemstern pflichtschuldig misslingen.

Was nicht wenig konstruiert und stereotyp klingt, ist es auch. Wann, wenn nicht dieses eine Mal im Jahr, ist mehr aber auch wirklich mehr. Ayckbourn, der Brite ist einer der meistgespielten lebenden Dramatiker, spult die Geschichte mit Erfahrung ab. Flott lässt Regisseur Sarantos Zervoulakos die latenten Krisen – Ehe, Kinder, Verwandtschaftsanimositäten, Karriere – ausbrechen und vom bravourös spieleifrigen Ensemble treffsicher aufschaukeln. Tatsächlich eine schöne Bescherung, die in St. Pölten da gelungen ist. (Michael Wurmitzer, 8.12.2016)