Wien – Ein fast eingestellter Fernsehsender, eine tatsächlich eingestellte Tageszeitung, ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk mit neuem alten Generaldirektor, ein neuer Medienminister, ein großer Magazinverlag in stürmischen Zeiten – wegen Ereignislosigkeit im vergangenen Jahr kann in der österreichischen Medienbranche niemand klagen. Ein Überblick.

Der wiedergewählte ORF-General

v.l.: Finanzdirektor Andreas Nadler, Programmdirektorin Kathrin Zechner, Generaldirektor Alexander Wrabetz, Radiodirektorin Monika Eigensperger und Technischer Direktor Michael Götzhaber
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Der ORF-Generaldirektor heißt immer noch Alexander Wrabetz, das war das Ergebnis der Wahl im Stiftungsrat des Öffentlich-Rechtlichen in diesem Jahr. Im August schaffte es der SPÖ-nahe Wrabetz, für seine dritte Amtszeit wiedergekürt zu werden, gegen seinen von der ÖVP unterstützten Konkurrenten Richard Grasl. Der Kaufmännische Direktor des ORF verabschiedete sich nach seiner Niederlage vorzeitig vom Küniglberg.

Im folgte Andreas Nadler als neuer Finanzchef des öffentlich-rechtlichen Senders. Nicht das einzige neue Gesicht im Direktorium: FM4-Chefin Monika Eigensperger wurde zur Nachfolgerin von Radiodirektor Karl Amon gewählt, der in Pension geht. Programmdirektorin ist auch in Zukunft Kathrin Zechner, die Technik verantwortet weiterhin Michael Götzhaber. In den Bundesländern mussten zwei Direktoren auf politischen Wunsch gehen: Karlheinz Papst im Burgenland und Roland Brunhofer in Salzburg. Letzterem folgt Christoph Takacs, dessen Platz in der Chefredaktion von ORF III wiederum Ingrid Thurnher einnimmt.

Der neu bestellte Medienminister

Thomas Drozda (SPÖ) übernimmt die Medienagenden in der Bundesregierung von Josef Ostermayer (ebenfalls SPÖ).
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Neue Akteure traten auch in der Medienpolitik auf den Plan. Medienminister ist seit der SPÖ-Regierungsumbildung im Frühling Thomas Drozda (SPÖ), der sich offenbar nicht gern ein Blatt vor den Mund nimmt. Die ORF-Wahl bezeichnete er schon einmal als "Sternstunde", bald darauf bekundete er mehrfach öffentlich – wiewohl nicht zuständig –, dass er nichts von einer Gebührenerhöhung halte.

In Sachen Presseförderung veranstaltete er eine Enquete und verhandelte mit der ÖVP ein neues Gesetz, das allerdings noch seiner Vorlage harrt. Sein Gegenüber ist ebenfalls ein – freilich nur medienpolitischer – Newcomer: Nach dem Abschied von Peter McDonald aus der ÖVP-Parteizentrale spricht nun Generalsekretär Werner Amon medienpolitisch für die Volkspartei. In der Medienbehörde KommAustria wurde Michael Ogris als Leiter bestätigt.

Der fast abgedrehte Fernsehsender

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Bei den Privatsendern verursachte im abgelaufenen Jahr Dietrich Mateschitz eine 24-stündige Schrecksekunde. Völlig überraschend gab er Anfang Mai den Betriebsschluss bekannt. Nur einen Tag später hieß es: Kommando zurück. Anlass waren Pläne für eine Betriebsratsgründung – nach Gesprächen mit Arbeiterkammer und Gewerkschaft sah der Red-Bull-Chef die Gefahr gebannt. ATV-Eigentümer Herbert Kloiber wiederum bekannte sich öffentlich gegen ATV: Der Sender "war mein größter Fehler", mit diesen Worten ging er auf Käufersuche.

Der neu gestartete Fernsehsender

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Etwas Neues startete dafür Wolfgang Fellner: Er macht seit Herbst mit oe24.tv auch Fernsehen. Und handelte sich sogleich Ärger mit dem Reichweitenmesser Teletest ein, weil er in einer ersten Quotenerfolgsmeldung "Äpfel mit Birnen" vermischte. Ende November vermeldete oe24.tv, das "Jahresziel" bei der technischen Reichweite mit rund 25 Prozent der Haushalte erreicht zu haben.

Die falschen Radioreichweitenmessungen

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Falsche Radiotest-Daten, und zwar gleich für mehrere Jahre, erregten ORF, Privatradios und Werbewirtschaft gleichermaßen. Das durchführende Institut GfK musste im Frühling Fehler bei Erhebung und Berechnung bekanntgeben. Mitte November erhielten die Sender dann die korrigierten Daten – veröffentlicht wurden diese aber vorerst nicht, denn die Sender verhandeln derzeit über Schadenersatz.

Das mehrfach umgekrempelte Magazin

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Die "News"-Gruppe sorgte heuer gleich mehrmals für Wellen: Im Frühsommer übernahm CEO Horst Pirker die Mehrheit von Gruner-Jahr – "ganz demütig", wie er sagte. Nach dem Sommer folgten dann Strategie und "Restrukturierungsprogramm": Die Verlagsgruppe News soll eifrig "Ökosysteme" basteln, um den Entfall klassischer Print-Erlösquellen zu kompensieren. Als Pirker den Abbau von bis zu 100 Stellen ankündigte, dachte allerdings kaum jemand, dass dies kurz vor Weihnachten mit einem Knalleffekt enden würde. "News"-Chefredakteurin Eva Weissenberger, ihre Stellvertreterin Julia Ortner und etliche andere Mitarbeiter nehmen den Hut, überwiegend nach nicht einmal zwei Jahren bei dem Magazin. Neue Chefin ist nun Esther Mitterstieler.

Die eingestellte Tageszeitung

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Mitterstieler war einst "WirtschaftsBlatt"-Chefredakteurin, und ihre ehemalige Zeitung wurde 2016 eingestellt. Die Styria Media Group stellte die 1995 gegründete Wirtschafts-Tageszeitung per 2. September ein. "Nicht refinanzierbar" sei die Zeitung und die Schließung daher "unvermeidlich", wurde das begründet. Gespräche mit angeblichen bzw. potenziellen Interessenten blieben ohne Ergebnis. Der österreichische Zeitungsmarkt umfasst nun nur mehr 13 Kaufzeitungen.

Der einsame Geschäftsführer

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Beim STANDARD schied unterdessen der langjährige Geschäftsführer Wolfgang Bergmann aus, der als kaufmännischer Leiter ins Belvedere wechselt. Die Alleingeschäftsführung des STANDARD liegt nun beim bisherigen Vorstand und Sohn Oscar Bronners, Alexander Mitteräcker.

Die verkaufte Gratistageszeitung

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Im Gratissektor kehrte Eva Dichand mit viel Elan aus ihrer Bildungskarenz in Amerika zurück. Sie holte die Schweizer Tamedia-Gruppe ("20 Minuten") an Bord, "digital first" ist das Motto für "Heute". Zum Jahresende wurde die Zusammenlegung von Print- und Online-Redaktion bekanntgegeben. (APA, 26.12.2016)