Gemeinsam kann man Schwermut und Schwerkraft überwinden, die Frankokanadier lassen das leicht aussehen.

Nikola Milatovic / Cirque Noël Graz 2016

Graz – Männer in grauen Anzügen nehmen den Raum in Beschlag, unauffällig kommen sie durch den Zuschauerraum der weitläufigen Helmut-List-Halle und entern die Bühne. Ein bisschen erinnern sie an die grauen Herren aus Michael Endes Roman Momo, die einen frösteln machen.

Doch diese Herren – und wie sich bald herausstellt, auch Damen – sind nicht gekommen, um Zeit zu stehlen, sondern um eineinhalb Stunden Tanz und Akrobatik von subtiler, komplett kitschfreier Schönheit zu schenken. Die kanadische Compagnie Cirque Éloize bestreitet mit ihrer Produktion Cirkopolis den diesjährigen Cirque Noël, die weihnachtliche Schiene des Grazer Festivals La Strada.

Jeannot Painchaud, der von den kleinen kanadischen Magdalenen-Inseln stammt und 2003 das erste Zirkusfestival Nordamerikas gründete, zeichnet als künstlerischer Leiter verantwortlich für Cirkopolis, dessen Titel Anleihen bei Fritz Langs Stummfilmklassiker Metropolis nimmt. Das beschränkt sich allerdings vor allem auf die Videoproduktionen: Sie bestimmen im Wesentlichen das in Sepia getauchte Bühnenbild mit Industrie- und Städtevisionen aus der Vintagekiste.

Was die Artisten selbst vor den Projektionen aufführen, bleibt Neuer Zirkus, also Cirque nouveau, der obersten Liga. Als Choreograf und Koregisseur stand Painchaud dabei Dave St-Pierre zur Seite, der auch schon für den Cirque du Soleil arbeitete.

Keulen und Diabolos

Da werden auf Seilen, Wippen, in Ringen und mit Keulen und Diabolos ganz nebenbei körperliche Höchstleistungen im düsteren Setting vollbracht. Fast könnte man sagen, dass das manchmal ernste, dann wieder lustige Spiel zwischen Individuum und Kollektiv der bessere Cirque Noël für ein Jahr ist, wie 2016 eines war. Frühere Produktionen, die auf Zauber und Glitter oder auch auf bunten Klamauk bauten, könnten die Stimmung, mit der dieses Jahr zu Ende geht, kaum so gut wiedergeben. Ein Zufall oder nicht: Aus der Dunkelheit und zwischen Riesenzahnrädern, die Menschen zermalmen könnten, stemmt eine Gruppe gemeinsam so etwas wie Zuversicht, überwindet Schwermut und Schwerkraft.

Ein Weihnachtszirkus, der vielleicht diesmal nicht so wie einige vor ihm für die Kleinsten unter den Zusehern geeignet, diesen aber durchaus zumutbar ist. Als Sahnehäubchen sei noch die Musik erwähnt, die Stéfan Boucher komponierte. (Colette M. Schmidt, 28.12.2016)