Pièta-Skulptur mit Barbara Hölbling und Mario Höber.

Foto: Erli Grünzweil

Wien – Wenn Geschichten über das menschliche Ableben erzählt werden, zeigt sich der Reichtum der Kultur am Intensivsten. Noch vor dem Sex ist Freund Hein der Weltmeister unter den Alleinunterhaltern. Ihn holt das Künstlerpaar hoelb/hoeb – Barbara Hölbling und Mario Höber – ins Brut Theater und macht ihm eine Ausstellung. Unter dem Titel Lost_Inn. Staging Grief laden die Tirolerin und der Steirer zu einer "gelenkten Spurensuche durch die Trauer- und Erinnerungskultur".

Zum Lachen reizt der Tod nur jene, denen er gerade nicht nahe tritt. Alle anderen bringt er aus der Fassung. Sein Hauch ist so entsetzlich, dass ihn die Menschheit manisch in Oberflächen – Bilder, Filme – zu verwandeln sucht, um ihn zu bannen. In dieser Manie haben hoelb/hoeb jahrelang gefischt – und auch nach dem sozialen Aspekt des Sterbens und seinen realen Akteuren gesucht.

Es geht um Trost, Erleichterung, Verarbeitung. Wer Lost_Inn besucht, kann unter anderen mit einer Palliativmedizinerin sprechen, mit Therapeuten, Geistlichen und Psychologen sowie den Initiatoren des Names Project Wien, das Quilts im Gedenken an Wiener Aids-Opfer anfertigt. Zu sehen sind darüberhinaus zahlreiche künstlerische Arbeiten, die an den Wänden und der Galerie des Theaters rund um eine zentrale Installation aus Begegnungsinseln und Pietà-Skulpturen von hoelb/hoeb platziert sind.

Das Künstlerpaar hat sich für Werke entschieden, die sehr spezielle Aspekte der Trauer thematisieren wie Peter Liechtis Film Das Summen der Insekten. Bericht einer Mumie (2009). Im Foyer gibt es das Videospiel That Dragon, Cancer (2015), das von den Eltern eines an Krebs verstorbenen Kindes stammt. Ein Spiel, das nicht zu gewinnen ist. Weitere Arbeiten stammen etwa von Olafur Eliasson, Christian Eisenberger, Rudi Stanzel, Markus Schinwald oder Harun Farocki.

Auf dem Vorplatz des Brut sind Autos von Bestattungsunternehmen geparkt. Ein in Himmelblau und sonnigem Gelb gehaltener Wagen trägt die Aufschrift "Der Fährmann". Der Tod darf auch bunt sein. Unverkennbar mischt sich Ironie ins Lost_Inn. Und zwar eine, die jene abgründigen Gefühle des Absurden widerspiegelt, wie sie nur die Vorstellung vom Hinscheiden auslösen kann. (Helmut Ploebst, 13.1.2017)