Wien – Tätig ist er zwar weltweit. Aber der Tod, das muss bekanntlich ein Wiener sein. So gesehen ist es mutig von Jon Spooner und Chris Thorpe, mit ihrer (englischsprachigen) Show Am I dead yet? im Rabenhof anzutreten. Sie hegen ein etwas sachlicheres Verhältnis zum Sterben als etwa das Wienerlied. Aber kein völlig unmakabres.

Everything sounds sexier with a British accent, heißt es. Sogar gegen die weiße Unterwäsche, in der Jon Spooner und Chris Thorpe auftreten, wirkt er. In ihren Fragen nach Sterben und Tod schweben Lebensfragen mit.
Foto: Unlimited Theatre / Richard Davenport

Entdeckt wurde das Duo 2015 beim weltgrößten Theaterfestival Fringe im schottischen Edinburgh. Seit 1947 öffnet es seine Bühnen jeden Sommer – ohne Vorauswahl durch eine Jury – für Theatergruppen. "Manche sind miserabel, einige mittelmäßig", weiß das Festival dementsprechend über sich zu sagen. Aber manchmal gebe es auch Entdeckungen.

Eine Stunde lang erzählen die Briten kleine Geschichten wie jene zweier Polizisten, die versprengte Leichenteile eines Zwischenfalls – Selbstmord? Unfall? – mit einem Zug einsammeln. Ist der abgetrennte Kopf eines Mannes noch ein "Er" oder doch ein "Es", fragen sie im einen Moment, um im nächsten darüber zu scherzen, dass in den 1970ern "police officers" noch "police men" waren und Amtsstuben beige.

So schwankt der Abend zwischen britischem Humor, der ja nun nicht dafür bekannt ist, lichthell zu sein, und wissenschaftlichen Kennzahlen und Fakten zum Tod. Eine Rettungshelikopterakustikkulisse begleitet den Kampf um das Leben eines Mädchens, das im Eis eingebrochen ist. Eine Sanitäterin führt Herzdruckmassage vor.

Unlimited Theatre

Am Ende singen Spooner und Thorpe von letzten Wünschen und kuriosen Arten zu sterben (in einer Wanne voll Kartoffelpüree) und das Publikum ist eingeladen, einzustimmen: "I know one day I'll die." Am I dead yet? – das ist nicht nur physiologisch zu beantworten – ist ein Potpourri. Vielseitig oder unentschieden, das kann jeder selbst entscheiden. Das Wienerlied hat schon ins Herz Treffenderes zum Thema vorgebracht. Bestens getaktet und kurzweilig, kann die Show einen wieder einmal "aware" machen. Stellen muss sich den wirklichen Fragen, so er will, aber jeder selbst. (Michael Wurmitzer, 19.1.2017)