Kanzler Christian Kern (links) hat den steierischen Landesparteichef Michael Schickhofer (rechts) nun zum Vorsitzenden einer Arbeitsgruppe zum Thema "Öffnung der Partei" ernannt.

Foto: der Plankenauer

Wien – Sauer sind beide nicht. Sagen sie zumindest. Die roten Urgesteine Josef Cap und Karl Blecha haben dem Kanzler kürzlich eine rund 70-seitige "Materialsammlung" und einen 33-seitigen Entwurf für ein neues Parteiprogramm vorgelegt. "Interessanter Text", antwortet Christian Kern nun diplomatisch, wenn Journalisten ihn fragen, was er davon hält. Und: "Ordentlich gemacht."

Der für Mai geplante Parteitag wurde jedenfalls um ein Jahr verschoben. Die Überarbeitung des Parteiprogramms brauche mehr Zeit, so die Begründung. Den richtigen Farbton scheinen Cap und Blecha für den neuen roten Anstrich noch nicht gefunden zu haben. "Wir haben die Basis geliefert. Nun werden vor allem noch Elemente aus Kerns Plan A einfließen", sagt Cap im Gespräch mit dem STANDARD. "Darüber hinaus sollen ja auch noch die Parteimitglieder befragt werden."

"Nicht SPÖ-Beschlusslage"

Julia Herr, Vorsitzende der Sozialistischen Jugend (SJ), ist da weniger verständnisvoll. Im STANDARD-Gespräch kritisiert sie, dass Kern inhaltliche Forderungen aufstelle, ohne diese mit der Parteibasis zu akkordieren. Als Beispiele führt Herr den vom Kanzler gewünschten Zwölf-Stunden-Arbeitstag, einen Mindestlohn anstelle des bisherigen Kollektivvertragsmodells und das Mehrheitswahlrecht an. All diese Punkte sind derzeit nicht SPÖ-Beschlusslage, finden sich aber in Kerns Plan A, beklagt Herr. Im roten Bundesparteivorstand stimmten die Jugendvertreter schließlich auch – als Einzige – gegen den Aufschub des roten Treffens.

Federführend arbeitet nun Maria Maltschnig, Direktorin des Renner-Instituts, an einem Entwurf für das neue Parteiprogramm. Darüber hinaus wurden mehrere Arbeitsgruppen eingerichtet. Der geplanten "Öffnung der Partei" widmet sich vor allem der steirische Landesparteichef Michael Schickhofer. "In Kreisky'scher Tradition wollen wir die Fähigkeiten aller Österreicher nutzen", sagt er. Konkret soll das bedeuten: Themengruppen in allen Bezirken, in die sich die Bevölkerung einbringen kann. "Auch Nichtparteimitglieder", betont Schickhofer. "Team A" sollen sich die Gruppen nennen.

Baldige Antwort auf Koalitionsfrage

Inhaltlich könne alles diskutiert werden, was Kern an Themen in seinem Plan A aufwirft – "und natürlich auch darüber hinaus", sagt Schickhofer. "Die Ergebnisse werde ich dann an die Regierung herantragen." Nicht so lange wie das Parteiprogramm soll der Kriterienkatalog dauern, mit dem die SPÖ definieren will, wer für sie künftig als Koalitionspartner infrage kommt. Geleitet wird die entsprechende Arbeitsgruppe vom Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser. Dieser glaubt, dass diesbezüglich schon bald ein Ergebnis vorliegen werde.

Pensionistenchef Blecha, der seit 2012 am neuen Programm arbeitet, will den von Kern angeordneten Neustart jedenfalls auch nicht als Kritik an seiner Arbeit verstanden wissen. Er räumt aber ein, dass es in den vergangenen Jahren wenig um Grundsatzfragen gegangen ist, auf die sich Kern nun konzentrieren will. "Dafür gibt es verschiedene Ursachen", die auf die Strukturen der Partei zurückzuführen seien. Als direkte Kri- tik an Kern-Vorgänger Werner Faymann will Blecha das nicht verstanden wissen. "Ich werden keine Personen nennen." (Katharina Mittelstaedt, Günther Oswald, Michael Völker, 21.1.2017)