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Junge Familien, die kein Eigentum besitzen, leiden besonders unter den steigenden Mieten in Österreich. Die Inflationsrate von Menschen mit weniger Geld ist seit Jahren höher als die offizielle.

Foto: dpa / Marcel Kusch

Wien – Die Teuerung trifft ärmere Menschen in Österreich weiterhin deutlich stärker als jene mit höheren Einkommen. Im vergangenen Jahr betrug die Inflationsrate für jene zehn Prozent der Haushalte, die am wenigsten ausgegeben haben, 1,1 Prozent. Für die obersten zehn Prozent, die über 5.100 Euro im Monat ausgaben, lag die Teuerungsrate bei 0,6 Prozent.

Das zeigt eine Auswertung der Statistik Austria auf Anfrage des STANDARD. Damit setzt sich ein langjähriger Trend fort. In den vergangenen 120 Monaten sind jene Produkte, für die Haushalte mit niedrigeren Einkommen relativ mehr ausgeben, in 98 Monaten stärker im Preis gestiegen als jene von Reicheren.

Im Vorjahr waren es vor allem die steigenden Mieten, die stark zu Buche geschlagen sind. Haushalte mit niedrigeren Einkommen wohnen häufiger in Miete. Reichere besitzen hingegen oft Eigentum und profitieren daher tendenziell von steigenden Preisen für Grundstücke und Wohnungen.

Teure Mieten

Die Inflation ist bei Mieten seit Jahrzehnten deutlich höher als die durchschnittliche Teuerung. Davon sind Jüngere stärker betroffen, sagt Josef Baumgartner, Ökonom beim Wifo. "Die Steigerungen sind am freien Markt deutlich stärker." Im Jahr würden etwa zehn Prozent aller Mietwohnungen ihren Besitzer wechseln, sagt der Ökonom. "Wer einmal eine Gemeinde- oder Genossenschaftswohnung ergattert hat, behält sie aber länger."

Dabei war die Inflation für Ärmere im Vorjahr nicht viel höher als für den Durchschnittsösterreicher, dessen Leben um 0,9 Prozent teurer wurde. Das liegt auch daran, dass die Preise für Lebensmittel mit 0,7 Prozent nicht sehr stark gestiegen sind. Je niedriger das Einkommen, desto höher ist tendenziell der Anteil der Ernährung an den Ausgaben.

Bei Lebensmitteln "eine Ausnahme"

Die langsam steigenden Preise für Lebensmittel im Vorjahr seien eine Ausnahme, sagt Wifo-Ökonom Baumgartner. "Die Inflation liegt hier seit 2000 fast jedes Jahr, teilweise deutlich, über der gesamtwirtschaftlichen Teuerung." Das liege an der Konzentration im Einzelhandel, wo wenige Konzerne fast den ganzen Markt unter ihrer Kontrolle haben.

Die zitierten Zahlen der Statistik Austria sind eine Annäherung an eine Inflationsrate für Ärmere und Reichere. In der Statistik wird nicht erfasst, wie viele Leute in einem Haushalt wohnen. Je mehr Menschen in einer Wohnung leben, desto mehr Geld werden sie auch in Summe ausgeben. Dadurch sind sie aber noch lange nicht reich.

Auswirkung auf Realeinkommen

Die Daten sind aber die besten zur Thematik, mit denen sich im Moment arbeiten lässt. Wenn betrachtet wird, wie sich die Realeinkommen von unterschiedlichen Gruppen in der Gesellschaft entwickeln, muss derzeit die durchschnittliche Inflationsrate verwendet werden. Das führt zu Verzerrungen, wenn die Preise für Produkte, für die Niedrigverdiener relativ mehr ausgeben, seit Jahren stärker steigen, so wie das in Österreich der Fall ist.

Für Beschäftigte in der Metallbranche schaut das so aus: Nimmt man an, dass der Lohn eines Arbeiters jährlich nach Kollektivvertrag erhöht wurde, verdient er heute nominal um 27 Prozent mehr als noch 2007. Ist er, gemessen an den Ausgaben, bei den untersten zehn Prozent, hat er nach Inflation sechs Prozent mehr. Würde er hingegen zu den obersten zehn Prozent gehören, wäre sein Einkommen doppelt so stark gestiegen. (Andreas Sator, 25.1.2017)