Unlösbar aneinandergekettet: die nicht mehr ganz junge Tochter (Bernadette Heidegger) als Dienstbotin und ihre Mutter (Eleonore Bürcher), die Unsägliches von sich gibt. Mit im Spiel ist auch ein gehypter Schriftsteller (Johannes Gabl), der die beiden ans Meer zu begleiten gedenkt.


Foto: Kellertheater

Innsbruck – Die Mutter (Eleonore Bürcher) thront mitten auf der Bühne, ihr Lehnstuhl steht etwas erhöht auf einem Podest. Diese feine, zerbrechliche Gestalt ist in teures Tuch gekleidet.

Das graue, wellige Haar umwölkt ihr Haupt, die Beine werden von einer Wolldecke gewärmt. So wird sie die nächste Stunde sitzenbleiben und in einem unaufhörlichen, sich ständig im Kreis drehenden Redefluss Unsägliches von sich geben.

Endlose Tiraden

Hass und Ekel speit sie gegen ihren verstorbenen Mann aus, den sie einst mittellos und als beinahe Analphabetin ausschließlich wegen seines Gusswerks geehelicht hat. Erinnert sich an ihren kranken, hässlichen Sohn, den ihr im Kleinkindesalter zum Glück der Tod genommen hat.

Geblieben ist ihr eine mittlerweile in die Jahre gekommene Tochter (Bernadette Heidegger), die sie wie eine Dienstbotin hält. Und während die Mutter sich in endlosen Tiraden ergeht, serviert die Tochter Tee und Cognac und packt die Koffer für die Abreise.

Eigener Vorteil

Das Ziel ist – wie seit Jahrzehnten auch – ihr Haus am Meer. Doch erstmals reisen die Damen nicht allein. Wegen einer leichtfertig ausgesprochenen Einladung werden sie von einem jüngst von Erfolg gekrönten dramatischen Schriftsteller (Johannes Gabl) begleitet.

Dieser fühlt sich in der entrischen Ménage-à-trois sichtlich unwohl. Manfred Schild hat Thomas Bernhards klaustrophobisches Beziehungsdrama Am Ziel am Innsbrucker Kellertheater schnörkellos inszeniert.

Die gewaltige Textmenge, die die Mutter zu bewältigen hat, zeichnet eine egomanische Frauenfigur, die ihr Umfeld dem eigenen Vorteil schamlos unterjocht. Doch die Abgründigkeit der Mutter-Tochter-Beziehung wird in dieser Inszenierung kaum fühlbar. Von der mütterlichen Suada wirkt die Tochter eher genervt als durch die permanenten Übergriffe im Innersten gebrochen.

Fast bereitwillig nimmt sie noch im reifen Alter an den "Knie dich vor mir nieder"-Spielchen der Mutter teil. (Dorothea Nikolussi-Salzer, 6.2.2017)