Job und Studium gleichzeitig – das kann ganz schön stressig sein. Dennoch sind duale Studiengänge durchaus beliebt. Die bei der Gründung der Fachhochschulen formulierte Idee einer Ausbildung mit hohem Grad an Praxis wird in diesem Modell zu Ende gedacht.

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Eine praxisorientierte Ausbildung auf Hochschulniveau – das war die Gründungsidee vor über 20 Jahren der österreichischen Fachhochschulen. Wer diese Idee zu Ende denkt, ist bei den sogenannten dualen Studiengängen angelangt: Beruf und Studium gehen hier wirklich Hand in Hand, und oft werden die Studiengänge von Unternehmen initiiert. Die Liste an Firmen, die ihren Nachwuchs nicht nur beruflich ausbilden wollen, sondern dies gleich mit einer wissenschaftlichen Bildung verbinden möchten, umfasst bereits einige große Namen, die aus unterschiedlichen Branchen kommen: Obi, Blum, Lidl oder Peek und Cloppenburg etwa.

Volles Programm

Meist mussten die Firmen bei der Suche nach kooperierenden Hochschulen nach Deutschland ausweichen. Im Nachbarland genießen duale Studiengänge seit vielen Jahren bereits große Beliebtheit und sind aus der Hochschullandschaft nicht mehr wegzudenken. Es gibt staatliche duale Hochschulen, die erste wurde bereits 2009 gegründet und ist auch Partnerin vieler österreichischer Unternehmen: Die duale Hochschule Baden-Württemberg arbeitet insgesamt mit 9000 Firmen zusammen und zählt bereits 145.000 Absolventen. Aktuell sind 34.000 Studierende in den unterschiedlichen Bachelor- und Masterstudiengängen inskribiert.

Von solchen Dimensionen ist man in Österreich noch weit entfernt, allerdings sind in den letzten Monaten einige Fachhochschulen mit dualen Angeboten gestartet. Ganz neu ist etwa, dass der Bachelor in Mechatronik an der FH Vorarlberg auch dual absolviert werden kann: Das Studium ist so angelegt, dass der Unterricht an der FH am Freitag und Samstag stattfindet. Dazu kommen während des Semesters noch einzelne Tage und Abendtermine. Dass es sich um ein ziemlich dichtes Programm handelt, müsse den Bewerbern klar sein: "Wir empfehlen eine Berufstätigkeit von maximal 70 Prozent, da neben den Lehrveranstaltungen noch viel Zeit in Form von selbstorganisiertem Lernen zu Hause sowie Gruppen- und Projektarbeiten notwendig ist", sagt Reinhard Schneider, der Projektleiter des Studiums. Theoretisch sei es aber auch möglich, 100 Prozent weiterzuarbeiten.

Unterschiedlicher Aufbau,...

Gute Erfahrungen mit dualen Studiengängen hat die FH Vorarlberg aber schon zuvor gesammelt: Seit drei Jahren wird der Studiengang Elektrotechnik bereits dual angeboten. Wie beliebt diese Möglichkeit ist, zeigen die Beispiele von Patrick Frankhauser und Florian Schmid. Sie sind aus Salzburg und Linz nach Vorarlberg gezogen, um dort zu studieren und zu arbeiten. "Da es in der Technik wichtig ist, auch Praxis vorweisen zu können, war für mich schnell klar, dass die duale Studienform das Beste ist. So kann ich bei Studienabschluss schon mehr als ein Jahr Berufserfahrung nachweisen. Außerdem bringt der Wechsel zwischen Studiums- und Praxisphasen mehr Abwechslung", sagt der Salzburger Frankhauser.

Nicht jedes duale Studium ist gleich aufgebaut. Hier entschied sich die FH Vorarlberg beispielsweise dafür, die ersten beiden Semester ganzheitlich an der Hochschule abzuhalten, um den Studierenden ein Grundwissen zu vermitteln. Anschließend wechseln sich Studien- und Praxisphasen ab, und die Studierenden bewerben sich bei einem der Partnerunternehmen. Frankhauser dockte bei der Firma Schott in St. Gallen an, wo Fläschchen, Karpulen sowie Spritzen aus Glas und Kunststoff für die Pharmaindus trie hergestellt werden. Der Slogan "Studieren, wo die Jobs sind" sei eben nicht nur ein Slogan, sondern einer der ganz großen Vorteile, betont man an der Fachhochschule.

... und verschieden hohes Gehalt

Nicht nur die Organisationsform unterscheidet sich beim dualen Angebot oft, sondern auch, wie hoch die finanzielle Unterstützung der Partnerunternehmen ausfällt. Peek und Cloppenburg bezahlt beispielsweise monatlich 1555 Euro brutto, wenn jemand den dualen Bachelor Business and Retailmanagement an der FH Krems belegt, Studiengebühren und Reisekosten werden übernommen. Hier umfasst der Unterricht etwa sechs Wochen pro Semester. Alle drei Monate wechseln die Studierenden dabei die Abteilung und lernen somit unterschiedliche Strukturen des Unternehmens kennen.

Dem Modeunternehmen war es ein großes Anliegen einen zuverlässigen und renommierten Hochschulkooperationspartner zu finden, um seine zukünftigen Führungskräfte auszubilden. "Durch die Kooperation mit der FH Krems können wir unseren Talenten eine akademische Ausbildung im internationalen Umfeld anbieten – beispielsweise wird die Hälfte der Studieninhalte auf Englisch vermittelt", sagt Melisa Gibovic, Leiterin Employer Branding bei Peek und Cloppenburg in Wien, zu den Kriterien.

Stressig, aber familiär

Valentina Kargl absolvierte ihre Ausbildung noch mit dem deutschen Kooperationspartner, in wenigen Tagen steht ihre Abschlussprüfung an – der Abschluss ist zum Greifen nah. Seit Oktober ist die 24-Jährige in der Shopping City Süd Abteilungsleiterin – ein Ziel, das sie durch das Studium erreicht hat, sagt Kargl. "Für mich war das Studium wegen des hohen Praxisbezugs interessant. Wir hatten auch mehrere interne Seminare und haben wirklich sehr viel gelernt", resümiert sie.

Begonnen hat sie gleich nach der HTL-Matura. Die Vorlesungen fanden geblockt in Graz statt. "Das war natürlich anstrengend und intensiv, aber der Vorteil zum klassischen Studium ist, dass man die Prüfungen gleich anschließend schreibt und dann alles erledigt ist." Gefallen habe ihr außerdem, dass die ganze Klasse aus Mitarbeitern von Peek und Cloppenburg bestand. "Da entstehen dann auch Freundschaften, und man tauscht sich aus." Das habe sich auch auf den Unterricht ausgewirkt, es sei viel mitgearbeitet worden, und die kleine Gruppe – damals zwölf Studierende – half sich gegenseitig durch stressige Zeiten. Auch das nächste Ziel hat sich Kargl schon gesteckt: Sie möchte in den Einkauf. (lhag, 14.2.2017)