Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Stopp der "dritten Piste" in Wien-Schwechat hat zu heftigen Reaktionen geführt. Die Wirtschaftskammer nennt die Entscheidung "nicht begründbar und standortschädlich", STANDARD-Kommentator Eric Frey "grün und vermessen", und Innenminister Wolfgang Sobotka spricht von einer "unverständlichen Entscheidung". Diese Aufregung sagt viel über unsere Erwartungshaltung aus: Wäre der Ausbau durchgewinkt worden, hätte sich niemand gewundert. Doch ein Entscheid im Sinne von Umwelt- und Klimaschutz – darf es das geben?

Dabei gibt es in Österreich zwar kein Verbot der Errichtung von Fluglandepisten, aber auch kein Recht auf sie. Es war die Aufgabe der Richter, die widersprechenden öffentlichen Interessen abzuwägen. Wer das Erkenntnis liest, der sieht, dass sie es sich nicht leicht gemacht und eine sorgfältige Abwägung getroffen haben. Sie erkannten das öffentliche Interesse an einer verbesserten Fluginfrastruktur zwar an, sahen aber auch, dass Österreich ein gewaltiges Problem bei der Reduzierung der Treibhausgase hat. Dieses Problem würde durch den Bau dramatisch steigen, und wir würden Gefahr laufen, unseren internationalen Verpflichtungen nicht nachzukommen. Im Erkenntnis sind die negativen Folgen des Klimawandels mit Todesfällen durch zunehmende Hitzetage, wirtschaftliche Schäden und Verlust von Arbeitsplätzen im Tourismus sowie Ernteausfälle aufgelistet. Die Richter gewichteten unser Interesse am Erhalt unserer Lebensgrundlagen höher als eine verbesserte Fluganbindung in Ostösterreich. Das ist kein Skandal, sondern ein Grund zur Freude.

Teure Steuerzuckerln

Das noch mehr, als einige positive Effekte höchst umstritten sind. So führen einige Befürworter der dritten Piste an, dass damit Arbeitsplätze geschaffen würden. Ob der Flughafenausbau in anderen Transportzweigen aber Arbeitsplätze vernichten würde, wurde nicht untersucht. Dabei ist es mehr als wahrscheinlich, dass gerade die Bahn unter einem Ausbau des Flughafens leiden würde. Ein großer Teil der internationalen Verbindungen am Flughafen Wien geht in Städte in Nachbarländern, die mit Direktzügen erreichbar sind. Gegenüber der Bahn wird der Flugverkehr aber steuerlich bessergestellt und muss keine Steuern für Treibstoff (Kerosin) zahlen, keine Mehrwertsteuer auf Tickets entrichten, und der Flughafen selbst ist von der Grundsteuer befreit. Keine andere Branche bekommt so großzügige Steuerzuckerln (laut Wifo jährlich mehr als 500 Millionen Euro).

Die Entscheidung ist richtungsweisend und macht uns die Tür für eine nachhaltige Ausrichtung unserer Mobilität auf. Der Ausbau des Flughafens in Wien und anderswo ist nicht notwendig, wenn wir jetzt dafür sorgen, dass mehr schnelle, angenehme und günstige Bahnverbindungen in unsere Nachbarländer geschaffen werden. Die Hälfte aller bestehenden Flugverbindungen könnten wir jetzt schon ersetzen. Wir haben es in der Hand, machen wir etwas aus dieser großartigen Chance! (Johannes Wahlmüller, 15.2.2017)