Hornstein – Angefangen hat alles mit einer sündteuren Handtasche. Einer jener Beutel, bei dem man sich fragt, ob das Leder mit echtem Gold unterlegt ist, damit man den Preis rechtfertigen kann. Jedenfalls, eine derartige Wühlkiste zum Umhängen hat die Frau Gemahlin erst unterm Christbaum und dann für gut befunden. Um auch künftig ähnliche Geschenke zu bekommen, suchte sie nach einer Finte und betitelte die teure Tasche kurzerhand auch als "sehr, sehr praktisch".
Darum waren ihre Worte, nachdem der Continental V8 S daheim die Einfahrt reinrollte und sie die Hände in die Hüften gestemmt hatte: "Ah, ein praktisches Auto!"
Katzenkinder
Nur – diesmal hat sie recht. Nein, es geht nicht um die Beinfreiheit in der zweiten Sitzreihe. "Wir haben eh keine Kinder, und wenn die Katzen zum Tierarzt müssen, werden sie das Schnurren des V8-Motors lieben." Außerdem, wenn es pressiert, mit kaum einem anderen Wagen wären die Mutzerln schneller beim Doktor.
Die 308 km/h werden wir auf der Bundesstraße zum nächsten Ort wohl nicht ausderfahren, und den Sprint in 4,5 Sekunden von null auf 100 km/h werden wir den Fellmonstern in der Katzenkiste auch nicht antun, sonst braucht der Doktor Viech gach eine Spachtel ...
Es geht auch nicht um den Kofferraum. Der ist groß genug für eine Sporttasche, eine Kiste isotonische Getränke und ein paar Kartons voll Schuhe. Wer Rad fahren will, soll Rad fahren und nicht das Mountainbike im Kofferraum spazieren führen. Obwohl, lustig aussehen würde das schon, mit dem Spanngummi und dem Vorderrad, das aus dem Heck steht.
Denken wir lieber an den Verbrauch. Auf dem Weg nach Graz und retour kamen wir mit elf Litern aus. Super plus. Weder Capri noch Taunus oder Jeep sind derartig sparsam. Aber gut, vielleicht ist unser privater Fuhrpark kein Maßstab.
Dabei gibt es aber Power ohne Ende. Freunde der doppelt aufgeladenen V8-Motoren führen ja gerne die erhöhte Sicherheit an, weil man Überholmanöver mit 528 PS recht zügig durchführen kann. Mir ist jede Ausrede recht.
Unangenehm ist das Überholen nur in einem Tunnel. Dann böllert der 4-Liter-V8 nämlich den Lack von den anderen Autos. Abgesehen davon ist die Lärmdämmung sehr praktisch, weil man kaum etwas hört. Außer eben einem dezenten Schnurren vom Motor.
Bewegtes Leder
Der Continental schafft es zudem, jedem Familientreffen den Schrecken zu nehmen. Nach der Anreise steigt man so entspannt aus dem Massagesessel, dass bewusstseinserweiternde Drogen nicht effektiver sein könnten.
Sie sehen also, mit diesem Auto lässt sich gleich an mehreren Seiten sparen. Sogar die Strafzettel bleiben einem erspart, weil es ja gar nicht so pressiert, wenn man in dieser Landschaft aus Alu, Leder und Carbon sitzt. Das Fahren bekommt eine neue Qualität, und die Infotainmenteinheit spielt Ö1. Obwohl, können würde das Zauberkastl in der Mittelkonsole alle modernen Spompanadeln.
Auch was die Fahrassistenten angeht, ist der Bentley mit Abstandsradar und adaptivem Tempomaten vorne mit dabei. Das interessiert uns aber nicht – diesen Wagen wollen wir selber fahren.
Carbon zum Bremsen
Weniger praktisch ist der Preis des Testwagens von über 300.000 Euro. Allein das Sportpaket kostet so viel wie ein feiner Kleinwagen. Die Carbonbremsen, die man dafür dann kriegt, sind aber halt wieder schon sehr praktisch, falls man flott stehen bleiben will. (Guido Gluschitsch, 17.2.2107)
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