Die jungen Parteirebellen sind kaltgestellt, doch nun gibt es heiße Diskussionen in den eigenen Reihen: Die grüne Spitze rund um Eva Glawischnig habe beim Konfliktmanagement versagt, heißt es.

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Wien – Dann ging es doch ganz schnell, dass die Kinder aus dem Haus waren – doch Ruhe will bei den Grünen noch immer nicht einkehren. Weil die Mutterpartei die grüne Jugend am Donnerstag rausgeschmissen hat, regt sich intern nun offene Kritik: "Ich bin sehr unglücklich, wie das gelaufen ist", sagt Karl Öllinger, Nationalratsabgeordneter und Grüner der ersten Stunde. "Es ist mir völlig unverständlich, wie die Situation so eskalieren konnte." Sein Fazit: "Es handelt sich um ein Scheitern der Partei, aber auch der Jugend."

Nicht alle gestandenen Grünen äußern sich dieser Tage so offen wie Öllinger. Doch im Parlamentsklub gärt es, erzählt man, weil die Bundesspitze den Streit wochenlang brodeln gelassen habe, anstatt rechtzeitig zu kalmieren.

Von einem "unnötigen Theater auf Facebook" ist da die Rede – und dass sich Michel Reimon, erst seit kurzem Mitglied im Bundesvorstand, als "Zündler" betätigt habe. Eine Anspielung darauf, dass Reimon die aufmüpfige Flora Petrik, Chefin der Jungen Grünen, öffentlich in einem ellenlangen Posting zurechtgewiesen hat. Obwohl viele Abgeordnete derzeit hervorragende Arbeit leisten, heißt es, müsse man sich nun mit dem "Scherbenhaufen herumschlagen", was einer "öffentlichen Selbstentwertung" gleichkomme.

Ungeschriebene Gesetze

Der Tiroler Georg Willi hingegen nimmt die Parteispitze für ihr rigoroses Vorgehen zur Beendigung des Konflikts in Schutz. Immer wieder habe Eva Glawischnigs Stellvertreterin Ingrid Felipe, Vizelandeshauptfrau von Tirol, hinter den Kulissen versucht, auf Petrik & Co einzuwirken, so Willi. Doch mit mäßigem Erfolg.

Ganze zwei Stunden habe dann das Abschiedsgespräch am Donnerstagabend zwischen der grünen Chefin und ihrer jungen Kontrahentin gedauert. Wie Petrik betont: das erste Treffen der Jungen Grünen mit Glawischnig, seit sich der Nachwuchs vor sieben Jahren organisiert hat.

Petriks Truppe berichtet über die letzte und einzige Aussprache, dass die Bundespartei "völlig kompromisslos" jedes "Versöhnungsangebot" ausgeschlagen habe. Abgeordneter Willi hält hier dagegen, dass Petrik sich eben bis zuletzt nicht an ein ehernes grünes Gesetz halten wollte, das seit dem einst mühsam errungenen Zusammenschluss der konservativen "Vereinten Grünen Österreichs" mit der progressiveren "Alternativen Liste Österreichs" 1986 gelte: Nämlich dass "Grüne niemals gegen Grüne antreten" sollen. Denn: "Sonst verlieren dabei alle – und wir fallen zurück in die Zeiten vor dreißig Jahren."

Hintergrund: Petrik ließ sich nicht beirren, eine Gruppe grüner Studenten zu unterstützen, die an den Universitäten in Linz und Graz neben der etablierten grünen Liste Gras bei den ÖH-Wahlen Mitte Mai antreten wollen.

Keine Lösungskompetenz

Auch in den Bundesländern wird der Rauswurf der Bundesjugend skeptisch gesehen. Der Kärntner Landesrat Rolf Holub sagt: "Eigentlich ist in der Partei niemand glücklich über diese Scheidung." Und er betont: "Wir haben im Bundesland jedenfalls kein Problem mit den Jungen."

Der Tiroler Landessprecher Hubert Weiler-Auer hält für seine Landesorganisation fest: Die Sache mit der Parteijugend sei ihnen eine "Herzensangelegenheit, bis in die letzte Faser". Daher seien die Jungen Grünen im Bundesland weiterhin "willkommen – und wir werden immer einen Platz für sie haben". Dass die Situation auf Bundesebene dermaßen aus dem Ruder gelaufen sei, "sehen wir mit Bedauern", betont auch Weiler-Auer – und er merkt an: Die Jugend habe doch das Vorrecht, manche Dinge anders zu sehen.

Nicht nur im Parlament in Wien, auch in den Ländern wird die "Konfliktlösungskompetenz" der Bundesspitze angezweifelt. Außerdem gibt man zu bedenken, dass die Jungen zu einer der wichtigsten Zielgruppe der Grünen zählen. Dazu ein Landes-Grüner im Off: Die Vorgangsweise war daher "ziemlich kontraproduktiv".

Gefährliche Finanzlage

Die Jungen Grünen selbst sind "schockiert" über das Vorgehen der "autoritären" Mutterpartei. Am Montag wird ihnen der Status als offizielle Jugendorganisation der Grünen aberkannt, "womit uns auch der Geldhahn zugedreht wird", sagt Petrik. Als Sprecherin des Verbandes hafte sie persönlich, ist sie überzeugt. Es gehe um 160.000 Euro an Fördergeldern, mit denen die Organisation für das nächste Jahr gerechnet hatte, die sie nun aber doch nicht erhält. Mit der Bundespartei gebe es noch keine schriftliche Vereinbarung, weitere Gespräche stünden aus. "Ich nehme aber nicht an, dass man so bösartig ist, mich darauf jetzt allein sitzen zu lassen", sagt Petrik.

Anders als Petrik will von den mit Mandaten und Funktionen versorgten Grünen in Bund und Ländern derzeit niemand laut an Glawischnig als Chefin rütteln. Der Tiroler Weiler-Auer meint nur: "Wir werden die nächsten Wahlen mit ihr schlagen." Wenn die Grünen aber nicht reüssieren, "dann sehen wir weiter". (Katharina Mittelstaedt, Walter Müller, Nina Weißensteiner, 31.3.2017)