Mitleid oder doch Liebe? Matthias Hinz als Leutnant Anton Hofmiller und Kristina Kahlert als die gelähmte Edith von Kekesfalva.


Foto: Jan Friese

Salzburg – Rudolf Frey hat am Salzburger Schauspielhaus Thomas Jonigks Bühnenversion des einzigen Romans von Stefan Zweig, Ungeduld des Herzens, inszeniert. Eine Reise ins weite Land der menschlichen Seele mit einigen historischen Einschüben und Aktualisierungen, die etwa die Opferzahlen des Ersten und Zweiten Weltkriegs rekapitulieren. Aber dies sind nur "Randnotizen" zu Zweigs Originaltext.

Zweig, ein Freund und Bewunderer Sigmund Freuds, behandelt die Verwirrungen der Gefühle und die seelischen Turbulenzen in der bürgerlichen Welt knapp vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, Ungeduld des Herzens ist eine Reflexion über die zwei Arten des Mitleids. Die sechs Figuren der Geschichte zeigen zuerst ihre gesanglichen Fähigkeiten, wenn sie eines der "bösen", schwarzhumorigen Lieder Helmut Qualtingers singen: Das Krüppellied mit seinem Refrain "Krüppel ha'm so was Rührendes, Krüppel ha'm was Verführendes".

Es ist die Einführung zur psychologischen Charakterisierung der Figuren, die Hauptrollen spielen der Leutnant Anton Hofmiller (Matthias Hinz) und die gelähmte Edith von Kekesfalva (Kristina Kahlert), eine Tochter der feinen Gesellschaft, die der Offizier beim ersten Treffen – ihre Behinderung nicht realisierend – zum Tanzen auffordert.

Der Fauxpas treibt das psychische Nackerbatzl daraufhin zu regelmäßigen Besuchen, bei denen er Edith mit Blumen verwöhnt. Die ist äußerst empfindsam, nimmt die Absichten ihrer Mitmenschen eigentlich mit feinem psychologischen Gespür wahr – beim Leutnant aber irrt sie sich, wenn sie dessen Mitleid mit Liebe verwechselt. Letzten Endes wird er so auch zum Auslöser von Ediths Selbstmord.

Nicht nur die beiden Hauptfiguren überzeugen durch sensible Figurenzeichnung, auch Olav Salzer (Ediths Vater), Theo Helm (Doktor Condor), Alexandra Sagurna (Ilona, die Nichte Kekesfalvas) und Christiane Warnecke (Frau Engelmayer) gelingt es, die Abhängigkeiten klar zu machen. Schön spielt das Bühnenbild von Vincent Mesaritsch mit den psychischen Baustellen: Es liegen viele Holzlatten auf der Bühne. (Gerhard Dorfi, 11.4.2017)