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Das OLG Wien hat die Anklage gegen Karl-Heinz Grasser zum Teil bestätigt.

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Wien – Zwei Autos hat es am Mittwoch gebraucht, um die Unterlagen der Causa Buwog vom im Justizpalast domizilierten Oberlandesgericht (OLG) Wien ins nahe Straflandesgericht zu befördern. Zuvor hatte ein Drei-Richter-Senat des OLG über die bedeutsamste Anklage des Landes befunden: über die gegen Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser und 15 weitere Beschuldigte. Nun ist es einer weniger.

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Inhalt der Entscheidung: Das OLG genehmigt die Anklage in den Causen Buwog-Provision (9,9 Millionen Euro) und Linzer Terminal Tower; auch da geht es um Schmiergeldvorwürfe (mehr dazu hier). In beiden Fällen wies das OLG die Anklageeinsprüche ab. Eingestellt hat das Gericht die Anklagepunkte "Auswahl der Investmentbank" beim Buwog-Verkauf gegen Grasser, Immobilienmakler Ernst Karl Plech und einen Exkabinettmitarbeiter (er ist nun ganz aus dem Verfahren draußen). Und: Der Punkt, wonach Grasser bei einer anderen Form des Verkaufs der Bundeswohnungsgesellschaften (Buwog) um rund 35 Millionen Euro mehr für die Republik herausholen können, wurde zurückgewiesen. Da ist der Ball nun wieder bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die weitere Ermittlungen anstellen oder die Sache einstellen muss.

167-seitiger Beschluss

Das OLG hat seine Entscheidung in einen 167-seitigen Beschluss gegossen und widmet sich darin zunächst dem "Tatplan", von dem die Anklagebehörde bei Grasser sowie den Exlobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger ab dem Jahr 2000 ausgeht. Die rauchende Pistole fehlt in der Anklage, sie stützt sich auf Indizien. Darauf geht auch das OLG ein. Es lägen "keine Geständnisse der Angeklagten und insbesondere im Fall ... Grasser keine Tatzeugen und keine die Täterschaft (unmittelbar) belegenden Unterlagen vor". Daher habe man beim Punkt "Tatplan und Konten" prüfen müssen, ob "die vorliegenden Indizien" für einen Tatverdacht reichen.

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WKStA "spekulierte"

Die "Konstatierungen der WKStA" zu diversen Besprechungen zwischen Grasser und den Exlobbyisten hat das OLG dabei nicht berücksichtigt. Denn: selbige seien "großteils spekulativ und überaus weitwendig". In der Kernfrage – ob Grasser Konten zuzurechnen sind, auf denen die Provisionen landeten – teilt das OLG aber die Ansicht der WKStA, dass dem so sei.

Erklärungen und "Verschleierungshandlungen" der Angeklagten – etwa die Darstellung, dass Grassers Schwiegermutter wirtschaftlich Berechtigte eines Kontos sei, was sie der Finanz gegenüber bestritt – könnten die Annahmen der WKStA "nicht entkräften". So sei Grasser auch das Konto 400.815 zuzurechnen – "mit zumindest einfacher Wahrscheinlichkeit", wie das OLG einschränkt. Apropos Schwiegermutter: Ihr Mann wird wohl als Zeuge in Wien aussagen müssen, weil ihm als "Stiefschwiegervater Grassers" laut OLG kein Entschlagungsrecht zusteht.

Fragwürdige Leistung

Was die Leistung der Lobbyisten beim Buwog-Verkauf um 961 Mio. Euro betrifft, ist auch das OLG der Ansicht, dass die fragwürdig ist. Es seien "keine schlagkräftigen Beweise/Indizien für Tätigkeiten zutage getreten", zudem seien weder Hochegger, noch Meischberger "Immobilienexperten".

Ähnlich argumentiert das Gericht in Sachen Einmietung der Finanz im Linzer Terminal Tower. Da reichten die Beweise für die Annahme, dass Meischberger "keine Leistung für den Porr-Konzern erbracht habe". Dafür sei jenes Telefonat zwischen Grasser und dem damaligen Agenturbesitzer "bezeichnend", in dem Meischberger beim Nachdenken über seine Porr-Aufträge einräumte, "supernackt" zu sein. Grassers Involvierung in die Sache decke sich mit dem "gemeinsam gefassten Tatplan", als Zeuge für die Anklage führt das OLG da besonders den früheren Porr-Manager, Ex-ÖBB-Chef, Martin Huber an.

Causa Lehmann eingestellt

Bei der (nunmehr eingestellten) Buwog-Subcausa Lehman Brothers (Investmentbank) fand der OLG-Senat keine Anhaltspunkte für eine mögliche Verurteilung. Bei ihrer Annahme, dass der Finanzminister sich bei der Auswahl der Investmentbank "möglichst viele Einflussnahmemöglichkeiten ... eröffnen wollte", habe die WKStA etwa die Erklärung des Verfahrensanwalts, "geflissentlich übersehen", wonach es keinen politischen Spielraum gab. Auch andere den WKStA-Annahmen "diametral entgegenstehenden" Zeugenaussagen seien "vernachlässigt" worden.

"Milchmädchenrechnung"

Ähnlich kritisch sieht das Gericht die Anklagebegründung zum Thema "Mehrerlös". Sogar der Rechnungshof habe die Bemühungen des Ministeriums, die Wohnbaugesellschaften "bestmöglich" zu verwerten, gelobt, erinnert das OLG. Die Stellungnahme der WKStA, der Schaden (35 Mio. Euro) könne "bereits anhand der Grundrechnungsarten" errechnet werden, volliert das OLG hart ab. Das sei eine "Milchmädchenrechnung", die die Rahmenbedingungen des Verkaufsprozesses nicht berücksichtige.

Wie es nun weitergeht? Sobald eine Richterin bestimmt ist, wird eine Hauptverhandlung ausgeschrieben. Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung und Grassers Hauptanwalt, Manfred Ainedter, "zweifelt nicht an einem Freispruch". (Renate Graber, 20.4.2017)