Zu einem Jahr bedingter Haft wurde Mittwochvormittag ein Wiener verurteilt, weil er in der Öffentlichkeit den Nationalsozialismus gutgeheißen hatte. Das milde Urteil – es handelt sich um die Mindeststrafe für Verbrechen nach dem Verbotsgesetz – erklärte Vorsitzende Nina Steindl mit der Unbescholtenheit und der Tatsache, dass der Pensionist sich teilgeständig gezeigt hatte.

Es war ein heißer Augusttag, und Robert H. hatte sich über die lange Warteschlange in der Arztpraxis geärgert. So weit, so verständlich, doch H. ließ den Ärger an einer anderen Patientin aus – dass sie durch ihr Kopftuch als Muslimin erkennbar war, war dabei kein Zufall, wie H. zugibt: Kopftücher – und wohl auch die Personen, die sie tragen – "will ich hier nicht haben".

"Zucker ist eskaliert"

Dass er danach, wie H. es nennt, "ausfällig wurde", dass er auf die Muslimin zeigte und für die Anwesenden gut vernehmbar "Die haben sie vergessen zu vergasen wie alle Juden und Ausländer" sagte, sei jedenfalls seiner Diabetes anzulasten, verantwortete sich H.: "Mein Zucker ist eskaliert." Mit der NS-Ideologie habe er jedenfalls nichts am Hut. In den Worten der Belastungszeugin klingt das anders. Der Zeuge habe die Aussage auf ihr Nachfragen hin sogar wiederholt. "Ich habe zu ihm gesagt, dass das Wiederbetätigung ist und dass ich das melden werde. Er hat gesagt, das ist ihm egal, er steht zu seiner Überzeugung."

Bei der Meldestelle für NS-Wiederbetätigung habe sie den Vorfall gemeldet, weil es der zweite dieser Art gewesen sei, sagte die Belastungszeugin, die H. aus dem Gemeindebau kennt. Mehrere Jahre zuvor habe H. ihr im Hof angekündigt, er werde sich "einen deutschen Schäferhund anschaffen, der so hoch springen kann" – wie hoch, habe er mit der rechten Hand in eindeutiger Höhe veranschaulicht. "Es war eindeutig, dass das ein Hitlergruß war", sagte die Zeugin. H. zeigte sich für diesen Vorwurf nicht geständig, die Zeugin erzähle das nur, "weil sie mir schaden will". Er sei zudem kein Rassist, "ich habe sogar eine ausländische Freundin" und "kenne Asiaten". Und der Vorfall in der Arztpraxis sei ein "Ausrutscher" gewesen.

Die Staatsanwältin hielt das für wenig glaubwürdig, ebenso die Geschworenen – sie verurteilten ihn wegen des Arztpraxis-Vorfalls mit eindeutiger Stimmenmehrheit, bezüglich des Hitlergruß-Vorwurfs sprachen sie ihn frei. Das Urteil ist rechtskräftig. (Maria Sterkl, 31.5.2017)