Die Grünen wollen dem von ÖVP und SPÖ ausverhandelten Schulautonomiepaket nicht zustimmen. Sie legten jetzt zwei eigene Vorschläge vor.

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Wien – Die Verhandlungen zwischen Grünen, Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) und Wissenschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) gingen am frühen Dienstagabend vorerst ergebnislos zu Ende: Zu einem Kompromiss ist es nicht gekommen. Die Ministerin werde einen erneuten "Präzisierungsvorschlag" vorlegen, hieß es aus ihrem Büro. Die Juristen sollen bis Mittwochfrüh eine Formulierung erarbeiten, die auch die Grünen zufriedenstellt, heißt es aus dem Wissenschaftsministerium. Dann könne weiterverhandelt werden. "Zeit ist noch lange. Wir reden weiter", sagte der grüne Bildungssprecher Harald Walser.

Konfliktstoff liefern die Modellregionen zur Gesamtschule. Die Grünen wollen die nötige Zweidrittelmehrheit für das Gesetz zum Ausbau der Schulautonomie nur dann liefern, wenn eine solche Modellregion in Vorarlberg ermöglich wird.

Der von SPÖ und ÖVP an die Grünen übermittelte Gesetzesentwurf sieht vor, dass "eine Schule nur dann in eine Modellregion einbezogen werden darf, wenn die Erziehungsberechtigten von mehr als der Hälfte der Schülerinnen und Schüler und mehr als die Hälfte der Lehrerinnen und Lehrer der betreffenden Schule der Einbeziehung zustimmen". Bei der Abstimmung würde das bedeuten, dass jede nicht abgegebene Stimme als Nein gewertet würde, Modellregionen wären so nur auf dem Papier möglich, kritisieren die Grünen. "Minderheiten an Schulen dürfen nicht das Schulsystem blockieren", sagt Walser.

Die Pressekonferenz der Grünen zur Thema Bildungsreform.
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Denn wenn nur 60 Prozent der Eltern zur Abstimmung gehen, liegen damit schon 40 Prozent Nein-Stimmen in der Urne. Das könne zu keiner Mehrheit führen, rechnet der grüne Klubobmann Albert Steinhauser vor. Diese Regelung sei zwar den derzeitigen Bestimmungen über Schulversuche nachempfunden (wo sogar eine Zweidrittelmehrheit nötig ist). Sie passe aber bei einer Abstimmung über das Schulsystem nicht, sagt Walser.

Zwei Varianten

Die Grünen haben in die Verhandlungen zwei Alternativvorschläge eingebracht. Als erstes Angebot nennt Walser jene Variante, auf die sich die Verhandlungspartner, also auch die ÖVP, bereits vor 14 Tagen geeinigt haben. Und zwar soll an den jeweiligen Schulstandorten im Schulgemeinschaftsausschuss an den Bundesschulen bzw. in den Schulforen an den Pflichtschulen darüber abgestimmt werden. Eine einfache Mehrheit soll reichen.

Der zweite Vorschlag würde mehr Demokratie im Schulsystem bedeuten und würde deshalb von seiner Partei bevorzugt, sagt Walser. Bei dieser Variante wären alle Lehrer und Eltern von schulpflichtigen Schülern von der ersten bis zur achten Schulstufe stimmberechtigt. Auch hier soll die einfache Mehrheit für die Entscheidung ausreichen. Der Prozess wäre in diesem Fall aber schwieriger, ergänzt Walser. Mit beiden Vorschlägen könnten die Grünen leben, sagt er.

Irritiert sei man aber über die Vorgehensweise der Regierungsparteien. Der vorliegende Gesetzesentwurf wurde am Wochenende von ÖVP und SPÖ ausverhandelt. "Wenn für die Zustimmung auch die Stimmen der Grünen notwendig sind, war dieses Vorgehen nicht professionell", sagt Steinhauser. Das Ergebnis wurde medial verkündet, ohne dass die Grünen darüber informiert wurden. "In diese mediale Inszenierung lassen wir uns nicht hineinziehen", betont Steinhauser. "Wir sind nach wie vor an einer Lösung interessiert."

Noch vor der Verhandlungsrunde forderte Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (VP) die Grünen auf, sich jetzt nicht in Details zu verheddern. Der Appell geht an Bildungssprecher Walser. Dieser hätte die große Chance, als Geburtshelfer bei der Schulreform dabei zu sein. Schließlich gehe es um eine grundsätzliche Weichenstellung und nicht um Detailstreitereien, sagt Wallner. Die Realisierung der Modellregion Vorarlberg ist der wesentliche Punkt in der Vorarlberger Regierungsvereinbarung zwischen ÖVP und Grünen.

Während sich Wallner mit Kritik an den Grünen zurückhält, greift ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück Walser an. Die Grünen hätten sich mit ihrer Kritik am Quorum für einen Schulversuch komplett verrannt. "Wenn wir in Vorarlberg eine Modellregion einführen wollen, müssen wir uns eben bemühen, dass mindestens die Hälfte der betroffenen Lehrpersonen und die Hälfte der Eltern von diesem Projekt überzeugt sind. Sonst haben wir ohnehin etwas falsch gemacht." (ost, jub, sefe, 13.6.2017)