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Seit Wochen macht die ÖVP massiven Druck. Sie will noch vor der Wahl im Oktober ein Gesetz durch den Nationalrat bringen, das Sicherheitsbehörden die Überwachung von Kommunikation via Whatsapp und andere Messenger-Apps erlaubt.

Begutachtung

Dagegen sperrt sich die SPÖ. Sie will für das Gesetz eine öffentliche Begutachtung und eine Erklärung, wie die Überwachung technisch funktionieren soll, da es dazu vom zuständigen Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) keine konkreten Aussagen gab. So meinte er, dass die Überwachung ohne Einsatz staatlicher Überwachungssoftware ("Bundestrojaner") möglich sei, während Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) genau diese fordert.

Brandstetter trommelte zuletzt am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" für das Gesetz. Sicherheitsbehörden müssten rechtlich und technisch in die Lage versetzt werden, etwa zur Terrorabwehr auch Nachrichten auf Messengerdiensten abgreifen zu können, wie es bereits bei Telefon und SMS möglich sei. Zudem fordere der Verfassungsschutz den Zugriff auf Whatsapp, sagte der Minister.

Grüne: "Das ist absurd"

In ihrer Zurückhaltung wird die SPÖ auch von den Neos und den Grünen unterstützt – da es sich um "hochsensible Eingriffe in Grundrechte, verbunden mit komplexen technischen Fragen, handelt". Für den grünen Klubobmann Albert Steinhauser steht fest, die "Überwachung von Whatsapp ist nur mit einer Trojanersoftware möglich, auch wenn Justizminister Brandstetter das versucht in Abrede zu stellen. Durch den Einsatz von Staatstrojanern bekommen die Sicherheitsbehörden Interesse an Sicherheitslücken in Computersystemen. Das heißt, die Regierung will nicht nur mehr Überwachung, sondern auch weniger IT-Sicherheit. Das ist absurd."

Ob die FPÖ das Vorhaben der ÖVP unterstützt, ist unklar. Sie will zuerst eine Evaluierung bestehender Sicherheitsgesetze und umfangreichen Rechtsschutz.

Starke Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

Laut Sicherheitsexperten ist die Überwachung tatsächlich nur mit einer Spionagesoftware zu bewerkstelligen, da Whatsapp und andere Dienste eine starke Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nutzen, die Kommunikation nur auf den Geräten der beteiligten Nutzer zugänglich macht. Die staatliche Software muss heimlich auf dem Handy installiert werden, damit es Daten an Behörden senden kann.

Kontakte, Fotos, Dokumente, Aufenthaltsorte, Kontodaten oder Gesundheitswerte

Das Fundament für derartige Software sind meist Sicherheitslücken in Betriebssystemen, durch die auch die volle Kontrolle über Smartphones übernommen werden kann. Daher taugt der Vergleich mit der bereits eingesetzten Telefon- und SMS-Überwachung wenig, da Smartphones mittlerweile immer mehr Informationen über das Leben ihrer Nutzer hüten: Kontakte, Fotos, Dokumente, Aufenthaltsorte, Kontodaten oder Gesundheitswerte.

Zudem haben Behörden kein Interesse, Sicherheitslöcher zu stopfen, da sie genau derartige Einfallstore benötigen. Dass mit derartiger Software auch enormer Schaden angerichtet werden kann, zeigte sich erst vor wenigen Wochen. Ein von der US-amerikanischen NSA entwendetes Spionageprogramm war die Basis für den Computerschädling "Wanna Cry", der weltweit Windows-Rechner lahmlegte.

Reaktion auf NSA

Whatsapp hat die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als Reaktion auf die globale Überwachung durch die NSA eingeführt. Außerdem soll sie vor Cyberkriminellen schützen, die so keine Daten ausspähen können. (sum, 20.6.2017)