Sieht seinen Wahlkampf keineswegs als misslungen an: Niedermühlbichler

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Wien – SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler wirft der ÖVP vor, das Wahlkampfkostenlimit massiv zu überschreiten – allein der Wahlkampfauftakt in der Stadthalle dürfte eine Million Euro gekostet haben, die türkisen Plakatflächem dürften nach SPÖ-Schätzungen 1,5 Millionen Euro kosten. Das wäre etwa das Dreifache dessen, was die SPÖ dafür ausgibt.

Niedermühlbichler veröffentlichte am Mittwoch das rote Wahlkampfbudget, in dem die Fernsehwerbung mit 915.000 Euro den größten Posten darstellt. 750.000 Euro sind für Inserate budgetiert (jene, die man in "Österreich" schalten wollte, werden nun in anderen Medien platziert), mit 600.000 Euro schlagen die Kosten von Social Media zu Buche, derselbe Betrag ist für sämtliche Veranstaltungen veranschlagt,540.000 Euro kosten die roten Plakatflächen. Insgesamt weist die Bundes-SPÖ 5.030.000 Euro Wahlkampfbudget aus, die Landesparteien und befreundeten Organisationen seien angewiesen, nicht mehr als 1,5 Millionen auszugeben, damit das Budget nicht überschritten wird.

Wenig Spenden

Finanziert werde das alles aus der Parteikasse, "eine große Spendenpartei waren wir nie" – in normalen Jahren kämen gerade einmal 1.000 bis 2.000 Euro an Spenden herein, heuer seien es allerdings 129.106 Euro und 55 Cent – alles Kleinspenden.

Von der ÖVP (die schon 2013 die erlaubten sieben Millionen Euro überschritten hat und dafür 300.000 Euro Strafe zahlen musste) will Niedermühlbichler nun wissen, ob sie für die heuer anstehende Strafe schon Rücklagen gebildet hat. Die Replik von ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger folgte umgehend: Man werde die Wahlkampfkostenobergrenze einhalten – die SPÖ solle ihrerseits lieber auch alle Spenden für ihre Vereine offenlegen.

Zuversicht trotz Princessgate

Den eigenen Wahlkampf schätzt Niedermühlbichler keineswegs als missglückt ein – er würde ihn aber auch nicht bei einem Wettbewerb um den besten aller Wahlkämpfe einreichen. Auf jenes interne Papier, in dem Kanzler Christian Kern unter anderem Eitelkeit wie einer "Prinzessin" nachgesagt wurde, wollte er nicht näher eingehen. Nur so viel: Der Verfasser habe die Branche gewechselt, was nahelege, dass er nicht gar so kompetent sei. Auf die Frage, wer die Schwächenanalyse über Kern an die Öffentlichkeit gebracht hat, mochte er auch nicht viel Energie verschwenden: "Wir haben jetzt nicht die Zeit für Nebenschauplätze."

Das Papier eines Ex-SPÖ-Mitarbeiters, der einst im Kabinett von Kanzler Alfred Gusenbauer gewerkt und mittlerweile bei einem Immobilienriesen untergekommen sein soll, stammt offenbar aus dem Fundus des wegen Korruptionsvorwürfen gefeuerten Kern-Beraters Tal Silberstein. Wegen des strengen Persönlichkeitsschutzrechts und weil die Analyse bloß für den internen Gebrauch gedacht war, darf der Name des mutmaßlichen Verfassers nicht publiziert werden.

Abgegeben hat der Ex-SPÖ-Mann das "Prinzessinnen"-Papier dem Vernehmen nach im Februar 2017, ehe im September erste Silberstein-Mails in diversen Medien auftauchten. Diese könnten von einer Ex-Mitarbeiterin Silbersteins weitergereicht worden sein, wird in SPÖ-Kreisen vermutet. Sie habe Übersetzungsarbeiten für ihn geleistet, heißt es – und außerdem über gute Kontakte zur ÖVP und den Neos verfügt.

ÖVP sieht Intransparenz

ÖVP-Generalsekretärin Köstinger monierte am Mittwoch außerdem, dass die SPÖ nach wie vor die Auskunft schuldig geblieben sei, welche Kosten Ex-Berater Silberstein im SPÖ-Wahlkampf bisher verursacht habe. Laut Berichten hätten dessen Aktivitäten mindestens 400.000 Euro gekostet. "Wie kann das sein, dass Silberstein alleine 400.000 kostet und die gesamten Agenturleistungen laut Niedermühlbichler nur 200.000 Euro betragen", rechnet Köstinger vor.

Die Kosten für den Pensionistenbrief, der in den vergangenen Tagen verschickt worden sei, wiederum würden von Experten alleine auf rund 250.000 Euro geschätzt. Dieser Betrag komme in der Aufstellung der SPÖ überhaupt nicht vor.

Auch Grüne fordern Offenlegung

Die Grünen loben zwar die Transparenz-Initiative der SPÖ in Sachen Wahlkampfkosten, bezweifeln aber im Detail ebenfalls die roten Angaben. So gebe die SPÖ 540.000 Euro für Plakatwerbung aus, habe es geheißen. Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik verwies darauf, dass die Grünen 1,9 Millionen Euro für Plakate eingeplant hätten: "Wenn ich durch Österreich fahre, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Christian Kern nur ein Drittel der Plakatflächen der Grünen hat."

Von der ÖVP wird eine ähnliche Offenlegung wie von der SPÖ gefordert. Angesichts der "Mega-Veranstaltungen" und der zahlreichen Plakate der ÖVP rechnet Luschnik mit einer deutlichen Überschreitung der Wahlkampfkostengrenze durch die Partei. Die ÖVP habe die sieben Millionen Euro Kostengrenze schon 2013 um 4,2 Millionen Euro überschritten. Luschnik: "Ich halte es für unrealistisch, dass, wenn man einen so intensiven und aufwendigen Wahlkampf betreibt, diese sieben Millionen Euro Wahlkampfkostenbeschränkung einzuhalten ist."

Grundsätzlich forderte der Grüne eine deutliche Verschärfung der Transparenzpflichten für Parteien: Auf falsche Angaben in den Rechenschaftsberichten soll künftig, wie in Deutschland, bis zu drei Jahre Haft stehen. Außerdem will er Umgehungsmöglichkeiten der Wahlkampfkostengrenze abstellen und die Überziehungskosten erhöhen. Völlig untersagen will Luschnik angesichts der hohen Spendeneinnahmen der ÖVP Parteispenden von Unternehmen, Spenden von Personen sollen mit 10.000 Euro begrenzt werden.

Auch Neos sehen "blinde Flecken" bei SPÖ

Neos-Generalsekretär Nikola Donig kritisierte in einer Aussendung "blinde Flecken" der SPÖ und den Umstand, dass einige der Positionen schwierig nachvollziehbar wären. Auch er hat wie die Grünen die Plakate im Blick: Angesichts ihrer Dichte sei die genannte Summe "zumindest schwer hinterfragenswürdig". (cs, nw, APA, 27.9.2017)