Das Zuwanderungsthema durfte natürlich bei Strache auch am Mittwochabend in der von Tarek Leitner geleiteten ORF-Debatte mit Irmgard Griss nicht fehlen.

Foto: apa

Der Satz über die rechtswidrig Aufhältigen kommt ab Minute 3:30.

ORF

Im ORF-Duell zwischen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und der Neos-Listenzweiten Irmgard Griss ging es am Mittwochabend auch um Zuwanderung. Strache verwies dabei auf zahlreiche Probleme, die aus seiner Sicht bestehen, und sagte: "Es gibt bei uns über 100.000 rechtswidrig Aufhältige, die nicht abgeschoben, nicht rückgeführt werden." DER STANDARD hat sich angesehen, ob diese Aussage verifizierbar ist.

Die Aussage im Faktencheck. Video: Maria von Usslar & Wolfram Leitner.
DER STANDARD

Zunächst zu den Begrifflichkeiten: Im jährlich vom Innenministerium veröffentlichten Schlepperbericht werden all jene Personen ausgewiesen, "die als rechtswidrig eingereist oder aufhältig, geschleppt oder als Schlepper beamtshandelt wurden". Im Vorjahr fielen 50.848 Personen in diese Kategorien, 2015 waren es sogar 94.262.

Legal während des Asylverfahrens

Allerdings: Die meisten aufgegriffenen Personen stellen in der Folge einen Asylantrag, und ab diesem Moment ist die Person für die Dauer des Asylverfahrens legal in Österreich aufhältig. Nicht mehr legal ist der Aufenthalt erst dann, wenn ein rechtskräftiger negativer Asylbescheid vorliegt, der auch durchsetzbar ist. In diesen Fällen gibt es eine Ausreisepflicht.

Was die Sache aber noch verkompliziert: Es gibt viele Menschen, die den Ausgang des Asylverfahrens nicht abwarten. In der Asylstatistik finden sich diese Fälle unter "sonstige Entscheidungen", alleine im Vorjahr gab es 11.000 davon. Wie viele von ihnen überhaupt noch in Österreich sind, ist unbekannt. "Man muss davon ausgehen, dass viele in ein anderes Land weiterreisen, aber eine seriöse Möglichkeit, das festzustellen, gibt es nicht", sagt dazu der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck.

13.124 negative Asylentscheidungen

Rechtskräftig negative Asylentscheidungen gab es im Vorjahr 13.124. Allerdings heißt das noch nicht, dass all diese Menschen zwingend das Land verlassen müssen. Nach einem negativen Asylbescheid kann nämlich noch subsidiärer Schutz oder ein humanitärer Aufenthalt gewährt werden. Für diese beiden Gruppen gab es zuletzt 13.574 negative Bescheide.

Zudem wird im Innenministerium nicht zentral erfasst, wie die letztinstanzlichen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ausfallen. Wie viele Menschen also tatsächlich alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft haben (auch aus früheren Jahren) und abgeschoben werden könnten, kann man im Innenressort schlichtweg nicht sagen.

10.677 Ausreisen

Dokumentiert ist, dass es im Vorjahr 10.677 Ausreisen gab. 54 Prozent davon erfolgten freiwillig, bei 46 Prozent handelte es sich um zwangsweise Abschiebungen. In alle Staaten ist eine zwangsweise Außerlandesbringung wie berichtet aber nicht möglich. Sie stellen keine Heimreisezertifikate aus, die für den Staat Österreich Voraussetzung sind. Grundböck nennt nordafrikanische Staaten und Pakistan als Beispiele, wo die Zusammenarbeit noch immer unzufriedenstellend sei. Mit Afghanistan, das im Vorjahr ein Abkommen mit der EU abschloss, habe man mittlerweile aber eine funktionierende Grundlage.

Der Innenministeriumssprecher hält daher fest: "Es ist Faktum, dass es Menschen mit rechtskräftig negativen Bescheiden gibt, die das Land nicht verlassen, obwohl sie das müssten." Um wie viele Personen es dabei gehe beziehungsweise ob es "über 100.000 rechtswidrig Aufhältige" gibt, die nicht abgeschoben werden, wie Strache das sagte, könne aber niemand sagen, weil zu dieser allgemein gehaltenen Aussage keine Statistik vorliege. Ob die Behauptung des FPÖ-Chefs stimmt, kann daher nicht seriös beantwortet werden. (Günther Oswald, 28.9.2017)