Wien – Die Medien- und Werbebranche macht mobil gegen die Werbeabgabe. Man möchte die derzeit laufenden Koalitionsgespräche nutzen, eine Abschaffung der ungeliebten Steuer zu erwirken. Am Donnerstag rief man bei einer Pressekonferenz einen "nationalen Schulterschluss" von neun Branchenverbänden aus. "Wir sind eine Bewegung, nicht nur in der Politik gibt es das", so VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger. Nicht dabei war der ORF. Er hält eine Abschaffung für nicht realisierbar.

Neben dem Verband Österreichischer Zeitungen sind auch noch unter anderem der Verband Österreichischer Privatsender, der Dialog Marketing Verband, die International Advertising Association, das interactive advertising bureau und die Fachgruppe Werbung der Wirtschaftskammer Wien an Bord. Auch die Initiative "Steuerfairness" hat sich angeschlossen. Die beiden Hauptforderungen: Ersatzlose Streichung der Werbeabgabe und Einführung einer "digitalen Betriebsstätte" für internationale Online-Unternehmen.

Für Verfassungsgerichtshof ist Ausnahme legitim

Derzeit herrsche steuerlich gesehen eine "schiefe Ebene", so Grünberger. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, die Verleger- und Radiobeschwerden gegen die Werbeabgabe abzulehnen, habe überrascht und sei "eines Rechtsstaates nicht würdig". Man werde dagegen auch vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, kündigte er an. Aber der VfGH habe eben festgehalten, dass die Vorschreibung von Steuern Sache des Gesetzgebers sei – und diese Entscheidung fordere man nun von der Politik ein.

Christine Antlanger-Winter von der IAA sieht es als Aufgabe der neuen Regierung, sich auf EU-Ebene für neue steuerliche Konzepte einzusetzen. Österreich müsse hier "Speerspitze" werden. Die heute präsentierte Plattform bietet sich für dieses Unterfangen als "Think Tank" an. Eine Abschaffung der "Bagatellsteuer" Werbeabgabe würde den Zielen der Regierung – die sich ja unter anderem eine Senkung der Abgabenquote vornehmen will – entsprechen, zeigte sich Georg Wiedenhofer (MCÖ) überzeugt – ein "kleines Rädchen", mit einer großen Wirkung für die Branche.

Kein Match Private gegen ORF, heißt es

Vom ORF war am Donnerstag niemand mit von der Partie, dabei redet Generaldirektor Alexander Wrabetz ebenfalls einem "nationalen Schulterschluss" zum Wohle der österreichischen Medienbranche und gegen internationale "Online-Giganten" das Wort. "Der ORF hat es vorgezogen, aufgrund anderer strategischer Überlegungen nicht in dieser Runde dabei zu sein", erklärte Grünberger, darauf angesprochen. Corinna Drumm vom Privatsenderverband beeilte sich, hinzuzufügen: Es gehe in dieser Frage sicher nicht um öffentlich-rechtlich versus privat. "Das Thema betrifft die gesamte Werbe- und Kommunikationsbranche." VÖP und ORF tauschen in medienpolitischen Fragen vornehmlich Unfreundlichkeiten aus.

Update: ORF nicht dabei

Der ORF lässt verlauten: "Selbstverständlich wünscht auch der ORF eine Abschaffung der Werbesteuer." Man gehe aber nicht davon aus, dass eine Abschaffung der Werbesteuer möglich ist. "Deshalb ist der ORF für die Erweiterung der Werbesteuer für den Onlinebereich, die aber unbedingt auch die nicht-österreichischen Anbieter wie Google und Facebook erfassen muss", hieß es am Donnerstag.

Die Erfassung der "Digital Giants insbesonders durch die Besteuerung von digitalen Betriebsstätten begrüßt der ORF ausdrücklich", wurde betont. ÖVP-Obmann Sebastian Kurz hatte ja zuletzt kundgetan, dass man sich in den Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ darauf verständigt habe. Ein gänzliches Aus für die Werbeabgabe hält man am Küniglberg für wenig wahrscheinlich, dies sei wohl eine "weder juristisch noch politisch realisierbare Forderung".

Bei der heutigen PK der Medienverbände habe man primär deswegen nicht teilgenommen, weil der Termin "unabgestimmt und kurzfristig" angesetzt worden sei, zumal am heutigen Donnerstag auch der Stiftungsrat des ORF tagt. (APA, 23.11.2017)