Menschliche Abgründe auf hoher See in "Titanic".

Philine Hofmann

Wien – Liebe mit Absaufdatum – äh, Ablaufdatum – wird in Dominic Oleys Titanic im Bronsky & Grünberg geboten. Romantische Beziehungen sind jedoch nur wenige mit an Bord der White Star Line, dafür umso mehr Betrug, slapstickähnliche Fehltritte und scheinbar einige am Tourette-Syndrom leidende Passagiere.

Stück für Stück wird die Erwartungshaltung der Zuschauer dekonstruiert. Freizügig offenbaren die Antagonisten ihre skurrilen Verhaltensauffälligkeiten und bitterbösen Absichten: Bruce Manchester (Claudius von Stolzmann), der in Wahrheit ein Aktienschwindler ist und seine Tochter Rose (Lisa-Carolin Nemec), die von Jake (Paul Graf kommt nicht ganz an Leonardo DiCaprio heran) schwanger werden möchte, um einen Skandal zu erregen.

Dazu gesellen sich Rose’ narzisstische Stiefmutter (Daniela Golpashin) und ein kleptomanisch veranlagter Kubaner (Boris Popovic) mit nicht ganz akzentfreien, aber humorvollen Überlegungen zur modernen Ökonomie. Das berühmte Collier gehört in Oleys Titanic nicht Rose, sondern der alkoholsüchtigen Lady Wood (Johanna Prosl), deren verhasster Ehemann in dem Schmuckstück die Chance auf einen Versicherungsbetrug wittert. Ohne voneinander zu wissen, trifft sich schließlich fast die ganze Gesellschaft im Bettenlager des zweiten Zwischendecks, um ein Schäferstündchen mit dem oder der Geliebten zu halten. Das bildet nun endgültig den Höhepunkt der skurrilen Verwechslungen und desillusioniert die Fans von James Camerons Verfilmung wahrscheinlich unwiederbringlich.

Zwischen liebevoll selbstgebastelten Requisiten gewahrt man auf der Bühne vor allem viel missglückte Kommunikation und jede Menge Situationskomik. Titanic ist ein Porträt über menschliche Abgründe auf hoher See, bei dem guter Unterhaltung nichts im Wege steht, außer dem Eisberg natürlich. Also bitte Vorsicht, das Schiff sinkt! Ein singendes Schiff? Nein, es sinkt! (Hannah Mühlparzer, 19.1.2018)