Wien – Die Neos haben am Mittwoch "13 1/2 Punkte" für einen Ausbau der direkten Demokratie vorgelegt. Klubobmann Matthias Strolz und seine Stellvertreterin Irmgard Griss plädierten für eine stufenweise Einführung mit baldigem Beginn in den Gemeinden. Vor Umsetzung der Pläne soll es eine Volksabstimmung darüber geben.

Strolz trat in der Pressekonferenz dafür ein, dass die direkte Demokratie "von unten wachsen" solle, weil es sich dabei um eine "Lernreise" für die Bürger und die Republik handle und die Bürger von Entscheidungen in der Gemeinde am unmittelbarsten betroffen sind. Deshalb sollen als erster Schritt Anliegen, die von einem Prozent der Gemeindebürger unterstützt werden, verpflichtend im Gemeinderat behandelt werden. Erreichen die Initiatoren zehn Prozent der Gemeindebürger, können sie eine bindende Abstimmung in der Gemeinde erwirken. In der Folge wollen die Neos diese Konzept schrittweise auf die Landes- und dann auch auf die Bundesebene ausweiten, wobei auch eine Senkung der Hürde denkbar sei.

Im Parlament sollen in einem nächsten Schritt Volksbegehren, die von einem Prozent der Wahlberechtigten (das sind zur Zeit 64.000) unterstützt werden – und nicht erst, wie derzeit, von 100.000 Wahlberechtigten – verpflichtend behandelt werden. Wird bei einem Volksbegehren die Hürde von zehn Prozent erreicht, wäre in einem letzten Schritt eine verpflichtende Volksabstimmung abzuhalten. Das Parlament könnte in einem solchen Fall einen Gegenvorschlag zur Abstimmung bringen. Die Bevölkerung solle ungekehrt die Möglichkeit erhalten, durch ein mit zehn Prozent der Wahlberechtigten unterstütztes Volksbegehren ein Veto gegen die Vorschlag des Parlaments einzulegen. Damit würden Parlament und Bevölkerung gleichgestellt.

Nicht über Menschenrechte

Strolz und Griss nannten eine Reihe von Rahmenbedingungen, die für dieses Modell notwendig wären. Zunächst solle der Verfassungsgerichtshof Initiativen der Bürger auf ihre Verfassungskonformität prüfen. Minderheiten- und Menschenrechte sollen ausgenommen sein. Völkerrechtliche Verträge sollen wie bisher nur dann einer Volksabstimmung unterzogen werden können, wenn das Parlament dies beschließt. Zwischen einem erfolgreichen Volksbegehren und der Durchführung der Volksabstimmung soll es eine einjährige "Cooling-Off-Phase" gegen, in der die Menschen umfassend informiert werden können. Damit die Menschen eine rationale Entscheidung treffen können, müsse man auch bei der Bildung und der Medienkompetenz ansetzen, betonte Griss.

Nach Schweizer Vorbild soll ein Abstimmungsbuch aufgelegt werden. Darin sollen nicht nur Vor- und Nachteile objektiv von verschiedenen Seiten dargelegt, sondern auch offengelegt werden, wer hinter der Initiative steht und wer sie finanziert. Damit will Griss dem Argument entgegentreten, dass finanzstarke Gruppen Initiativen manipulieren könnten. Weitere Punkte im Konzept der Neos sind ein Ausbau des Petitionsrechts und eine Stärkung der Partizipation im Gesetzgebungsprozess.

Griss wünscht sich weiters eine Bürgerversammlung nach irischem Vorbild. Dort erarbeiten 99 per Los ausgewählte Bürger, die die Bevölkerung repräsentieren und ein Mal pro Monat tagen, in intensiven Diskussionen mit Fachleuten zu bestimmten Themen detaillierte Vorschläge ans Parlament aus. Beispiele waren etwa ein Vorschlag zum Abtreibungsverbot oder jetzt aktuell zur Klimapolitik.

Persönlichkeitswahl

Als "1/2 Punkt" führen die Neos in ihrem Konzept die Einführung eines Persönlichkeitswahlrechtes an. Demnach sollte in 100 Einerwahlkreisen je ein Abgeordneter gewählt werden. 83 Mandate sollten zusätzlich über die Parteien auf Bundesebene zugeteilt werden.

Für Strolz wäre eine Volksabstimmung vor Einführung dieser Pläne "sinnvoll". Griss hält sie für "wahrscheinlich rechtlich geboten", weil es sich um eine Gesamtänderung der Verfassung handle.

Dass die Regierung ihre Pläne für mehr direkte Demokratie erst gegen Ende der Legislaturperiode umsetzen will, ist für Strolz "eine elegante Beerdigung" des Anliegens. Ob die Hürde für eine Volksabstimmung wie von den Neos vorgeschlagen bei zehn oder wie von der Regierung gewünscht bei 14 Prozent liegen soll, hält der Neos-Chef für nicht so wichtig wie die Rahmenbedingungen. Ob die Neos ihre Stimmen für eine nötige Zwei-Drittel-Mehrheit zur Verfügung stellen werden, hänge vom konkreten Vorschlag der Regierung ab. (APA, 24.1.2018)