Es war ein Schlag ins Gesicht für jene, die Andreas Schieder im Kampf um den Vorsitz unterstützt und bis zuletzt daran geglaubt hatten. Das Ergebnis auf dem Landesparteitag der Wiener SPÖ war ein eindeutiges, das keinen Platz für Ausreden lässt. In der Abstimmung wurde aber nicht nur Michael Ludwig zum Neovorsitzenden der Roten gekürt, sondern auch der Kurs der amtierenden Stadträte eindeutig abgewählt.

Jetzt beginnt für die Unterlegenen das Zittern. Finanzstadträtin Renate Brauner, die rechte Hand von Michael Häupl und eine der lautesten Gegnerinnen Ludwigs, steht wohl weit oben auf der Abschussliste. Das Vertrauen zwischen den beiden Stadträten ist geschwächt und wird kaum zu reparieren sein.

Zudem muss Ludwig nun Platz in der Stadtregierung schaffen – für jene, die zu Recht eine Belohnung für ihren unermüdlichen Einsatz im monatelangen internen Wahlkampf der Landespartei fordern. Die Königsmacher aus den sogenannten Flächenbezirken haben sich schließlich nicht aus reiner Selbstlosigkeit für Ludwig in den Ring geworfen und damit auch ihre Stellung in der Partei gefährdet.

Ausgangslage für Wien-Wahl 2020

Für Ludwig wird es schwierig, seine Gefolgschaft von Bezirksfunktionären, Gewerkschaftern und Vereinen zu befriedigen und gleichzeitig die Brücke zum anderen Flügel zu bauen. Belohnungen für seine Unterstützer werden zwangsläufig auf Kosten der Unterlegenen gehen. Geht dies zu weit, stärkt er seine Gegner und gibt ihnen Munition gegen sich.

Zwar zeigen sich die Unterlegenen derzeit nach außen hin friedlich und wollen sich vorerst hinter ihm einen, doch die Stimmung kann schnell wieder umschlagen. Sein Hoch durch die Wahl und die deutliche Niederlage Schieders darf sich Ludwig nicht durch leichtfertige Personalentscheidungen verscherzen.

Denn eine Weiterführung des internen Machtkampfes ist das Letzte, was Ludwig und die Wiener SPÖ jetzt brauchen können. Schließlich geht es um viel: Die Chancen der SPÖ bei der Wien-Wahl 2020 stehen mit Türkis-Blau im Bund nicht schlecht. Es ist an Ludwig, diese gute Ausgangslage auch in ein gutes Wahlergebnis zu verwandeln.

Nachdem die SPÖ aus der Bundesregierung ausgeschieden ist, wäre ein weiterer Verlust in Wien ein Desaster für die ganze Sozialdemokratie. Doch Ludwig muss sich auf Wien konzentrieren können und darf sich nicht durch Streitereien um Posten ablenken lassen. (Oona Kroisleitner, 28.1.2018)