Kündigungen während einer Krankmeldung sind in Österreich erlaubt.

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Wien – Weiterhin für Wirbel unter Betroffenen und bei den Sozialpartnern sorgte am Dienstag eine Offensive der Oberösterreichischen Wirtschaftskammer. Die Kammer hatte zu Wochenbeginn einen in ihren Augen klaren Fall von "Arbeitsboykott" durch Krankschreibungen publikgemacht. Bei Gewerkschaft und Arbeiterkammer sprach man unter der Hand von aufgebauschten Vorwürfen.

Gleich zwölf Mitarbeiter eines oberösterreichischen Industrieunternehmens sollen sich im vergangenen Jahr zeitgleich krankgemeldet haben, so die Wirtschaftskammer. Den Mitarbeitern sollen angeordnete Überstunden zu viel gewesen sein. Dadurch seien dem Unternehmen zusätzliche Kosten in der Höhe von 250.000 Euro entstanden.

Die Mitarbeiter sind ihrem Arbeitsplatz zwischen zwei und fünf Monaten ferngeblieben, sagt Erhard Prugger, Leiter der Abteilung für Sozial- und Rechtspolitik in der WKO in Linz dem STANDARD. Die Dienstnehmer hätten Krankschreibungen vom Arzt erhalten. Aus der Tatsache, dass alle zeitgleich ausgefallen sind, nachdem es interne Diskussionen gegeben hat, wäre jedoch ersichtlich, dass da "ein Arbeitskampf" geführt wurde. Zehn der zwölf Mitarbeiter wurden vom Dienstgeber gekündigt, die anderen sollen freiwillig gegangen sein.

Streitereien mit Geschäftsleitung

Es kursieren jedoch verschiedene Darstellungen dieses Falls. Im betroffenen Betrieb – der Name ist der Redaktion bekannt – soll es in jüngerer Zeit immer wieder zu Diskussionen und Streitereien zwischen einzelnen Mitarbeitern und der Geschäftsleitung gekommen sein. Es sollen auch mehrere anonyme Beschwerden über Praktiken der Unternehmensleitung und das schlechte Betriebsklima bei der Arbeiterkammer eingegangen sein. Allerdings habe niemand Überstunden vermeiden wollen.

Von zwölf Krankschreibungen zur gleichen Zeit weiß man weder bei der Arbeiterkammer noch bei der Produktionsgewerkschaft Proge oder der Gewerkschaft der Privatangestellten. Klar sei, dass "ein Arbeitskampf nicht mittels Krankschreibungen geführt werden kann", wie es dort heißt.

Erhard Prugger von der Wirtschaftskammer sagt, dass seine Abteilung den Fall publikgemacht hat, um für mehr Sensibilität bei dem Thema zu sorgen. Er erhalte am Tag von drei bis fünf Unternehmen Beschwerden über falsche Krankmeldungen. Nicht alle Fälle erweisen sich wirklich als problematisch, aber "Sozialmissbrauch ist kein Kavaliersdelikt", so Prugger. Die Geschäftsleitung des betroffenen Unternehmens war für eine Stellungnahme am Dienstag nicht erreichbar, der Arzt aus der betroffenen Gemeinde wollte sich nicht äußern. Gegen die Kündigungen wurden, soweit bekannt, keine Rechtsmittel ergriffen. (szi, 13.2.2018)