Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) ...

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... und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) loben die Maßnahme als Schritt zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen.

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"Eine Kürzung um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr ist geradezu ein Kahlschlag", kritisiert Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske.

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"Enttäuscht und verärgert" zeigte sich am Mittwoch auch SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch.

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Wien – Die Regierung hat am Mittwoch die Senkung der Arbeitslosenbeiträge für Geringverdiener beschlossen. Gleichzeitig sollen die Förderprogramme des Arbeitsmarktservice (AMS) gekürzt werden. Die am Dienstag kolportierte Summe von bis zu 600 Millionen Euro wollten die zuständigen Minister offiziell nicht bestätigen.

Die Regierung hat die Senkung der Arbeitslosenbeiträge für Geringverdiener beschlossen und plant Kürzungen bei AMS-Förderprogrammen ("ZiB 13"-Beitrag).
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Die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für Geringverdiener soll ab Juli gelten und 140 Millionen Euro kosten. Profitieren sollen davon 450.000 Personen mit durchschnittlich 311 Euro jährlich. Grundsätzlich gilt schon jetzt: Wer weniger als 1.696 Euro brutto im Monat verdient, zahlt nach Einkommen gestaffelt weniger bis gar keine Arbeitslosenbeiträge. Künftig wird diese Grenze um 252 Euro auf 1.948 angehoben. Darüber werden wie gehabt die vollen drei Prozent Beitrag fällig.

Kürzungen beim AMS bestätigt

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) lobten die Maßnahme als Schritt zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Als weiteren Schritt kündigte Löger an, den Gesetzesentwurf für den "Famlienbonus", der Familien mit Kindern steuerlich entlasten soll, bis Ende der Woche in Begutachtung zu schicken. Der Steuerbonus soll 1,5 Milliarden Euro kosten.

Grundsätzlich bestätigten Hartinger und Löger, dass es parallel zur Senkung der Arbeitslosenbeiträge auch Einsparungen bei den Förderungen des Arbeitsmarktservice geben wird. Die am Dienstag kolportierte Summe von annähernd 600 Millionen Euro – ein Drittel des Förderbudgets – wollten sie aber nicht bestätigen. "Diese Zahl kenne ich in dieser Form nicht", sagte Löger. Konkrete Summen nannte er ebenso wenig wie die Sozialministerin, die meinte, sie wolle Lögers Budgetrede nicht vorgreifen.

AMS rechnet mit 600 Millionen Euro weniger

Beide betonten allerdings, dass das Arbeitsmarktservice weniger Geld für die Integration von Flüchtlingen erhalten werde. "Wir haben weniger Flüchtlinge, dann braucht man auch weniger Budget", so Hartinger. Ausbauen wolle man dagegen Förderungen für Langzeitarbeitslose und Jugendliche.

Laut am Dienstag bekanntgewordenen internen Unterlagen rechnet das AMS heuer mit fast 600 Millionen Euro weniger Förderbudget. Gekürzt werden sollen unter anderem Mittel für Asylwerber, Ältere und Langzeitarbeitslose. Allein die Aussetzung der Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose sorgt demnach für Einsparungen von 430 Millionen Euro. Wobei Hartinger am Mittwoch einmal mehr meinte, die Aktion 20.000 sei nur "sistiert" und nicht "abgeschafft".

Arbeiterkammer und Gewerkschaften gegen Kürzungen

Die von ÖVP und FPÖ geplanten Einsparungen beim Arbeitsmarktservice (AMS) alarmieren Arbeiterkammer (AK), Gewerkschaften und SPÖ. "Bei der Arbeitsmarktförderung sollen offensichtlich 600 Millionen Euro eingespart werden, eine Kürzung um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr ist geradezu ein Kahlschlag", kritisierte AK-Präsident Rudolf Kaske.

Die aktuellen Arbeitsmarktdaten würden zeigen, wie wichtig es sei, Geringqualifizierten eine Facharbeitsausbildung zu ermöglichen. "Sparmaßnahmen in diesem Bereich sind garantiert der falsche Weg. Es ist ein Gebot der Stunde, dass das Arbeitsmarktservice diese Menschen noch stärker in Richtung FacharbeiterInnen-Ausbildung unterstützt", so Kaske. Das sei gut für die Wirtschaft und besser, als Fachkräfte aus Drittstaaten anzuwerben. Dahingehend brauche es mehr und bessere Betreuung durch das AMS: "Und daher auch mehr anstatt weniger Mittel."

Finanzminister hat FPÖ "völlig über den Tisch gezogen"

"Enttäuscht und verärgert" zeigte sich am Mittwoch SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. "Diese Regierung spart in Zeiten einer Hochkonjunktur brutal bei den aktiven AMS-Förderungen welche Menschen in Jobs bringen sollen, hat aber Milliardengeschenke für Großunternehmer. Damit hat der ÖVP Finanzminister die FPÖ Sozialministerin völlig über den Tisch gezogen."

Barbara Teiber, Mitglied der Bundesgeschäftsführung der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), erklärte: "Die gestern bekannt gewordenen radikalen Kürzungspläne der türkis-blauen Bundesregierung für das Arbeitsmarktservice, die sich gegen Langzeitarbeitslose, Ältere, Migranten und junge Menschen in Lehrwerkstätten richten, bedeuten für diese nichts anderes als eine eklatante Verschlechterung ihrer Perspektiven." Bis zu zwei Drittel aller Beschäftigten in der Erwachsenenbildung würden vom AMS bezahlt, das Kürzungsprogramm hätte hier verheerende Folgen. "Die Bundesregierung ist dringend aufgefordert, diese radikalen Kürzungspläne nicht umzusetzen."

"An Chuzpe nicht zu überbieten"

Kritik an der Kürzung der AMS-Förderprogrammen und der Integrationsmaßnahmen übten am Mittwoch der Wiener Bildungs- und Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky und der Chef des Fonds Soziales Wien, Peter Hacker. Dass eine von einem ehemaligen Integrationsminister geführte Regierung ihr Engagement hier "massiv zurückfährt", sei "an Chuzpe nicht zu überbieten".

Es scheine, als wolle die Regierung aus Fehlern der Vergangenheit nichts lernen, sagte Czernohorszky. Wie einst bei der ersten Gastarbeitergeneration im Integrationsbereich "nichts zu tun" und nach dem Prinzip "die gehen wieder" zu agieren, "können wir uns als Gesellschaft nicht leisten". Er sei "zutiefst erschüttert, denn so, wie sich das jetzt darstellt, sind die Mittel für Neubewilligungen im Asylbereich auf null gestrichen worden".

"Masterplan", marginalisierte Gruppen zu erzeugen

Für Hacker haben die Pläne "mehrere unglaubliche Aspekte". Dass nun im Windschatten des Themas Integration auch Maßnahmen für diejenigen, die es am Arbeitsmarkt schwer haben, stark gekürzt werden, sei in einer Zeit, in der sich die Steuereinnahmen positiv entwickeln, nicht zu vertreten.

Es scheine der Regierung in ihrem "Masterplan" darum zu gehen, "marginalisierte Gruppen nicht nur zu erzeugen, sondern sie auch weiter fortbestehen zu lassen". Die Aktion 20.000 für ältere Arbeitnehmer derart zurückzufahren bezeichnete Hacker als "Wahnsinnsidee". (APA, 28.2.2018)