Vizekanzler Strache ist "alarmiert" über die Zustände beim AMS. Die Sozialministerin will die "soziale Integration" aus dem AMS künftig auslagern.

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Wien – Der interne Revisionsbericht des Arbeitsmarktservice (AMS) hat "unsere Befürchtungen übertroffen", sagte Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Mangelnde Kooperation bis zur Gewaltbereitschaft unter ausländischen Arbeitslosen hätten massive Probleme aufgezeigt.

Zusammen mit Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) präsentierte er die Eckpunkte einer geplanten AMS-Reform am Mittwoch in Wien. "Wir wollen, dass das AMS auf schlechte Zeiten vorbereitet ist", sagte Strache. Zielgerichtete Förderung statt Gießkannenprinzip laute etwa das Motto bei den Kursen. Künftig sollen die regionalen AMS-Stellen mehr Spielraum bei Förderungen erhalten, das fordern Experten schon lange. Einzige Ausnahme: Bei Integrationsmaßnahmen wird es Abstriche geben.

Wie berichtet, kürzt die Regierung das Budget für das Integrationsjahr von 100 auf 50 Millionen Euro. Für die sozialen Defizite unter manchen Migrantengruppen, Hartinger-Klein nennt hier mangelnde Pünktlichkeit und das Verhalten gegenüber Frauen als Beispiele, soll künftig nicht mehr das AMS zuständig sein. Ihre Idee: eigene "Competence-Center", die sich um die soziale und gesellschaftliche Integration kümmern. Wer für deren Betrieb zuständig ist, und noch wichtiger, aus welchen Mitteln die Zentren finanziert würden, blieb noch offen.

Bessere Ausbildung

Insgesamt soll das AMS-Förderbudget von 1,33 auf 1,4 Milliarden im Jahr 2018 steigen. Das mache auf den einzelnen Arbeitslosen heruntergebrochen rund 400 Euro mehr als im Vorjahr aus. Möglich ist das dank kontinuierlich sinkender Arbeitslosigkeit. Wo die zusätzlichen Mittel künftig hinfließen, wird Teil der kommenden Reformgespräche sein.

Fest steht, dass die über 100 AMS-Stellen flexibler als bisher die Fördermaßnahmen an den regionalen Bedarf anpassen sollen. Mehr Mittel als im Vorjahr gibt es für Langzeitarbeitslose (plus 13 Prozent) und für die Fachkräfteausbildung (plus drei Prozent).

Großen Handlungsbedarf sieht Hartinger-Klein beim Fachkräftemangel. Die Hälfte der offenen Stellen verlangt einen Lehrabschluss, aber nur ein Drittel der beim AMS Gemeldeten hat eine abgeschlossene Lehrausbildung. Zu viele Arbeitslose hätten nur einen Pflichtschulabschluss, mehr Mittel sollen daher in die Qualifizierung fließen. Außerdem sollen AMS Mitarbeiter-künftig mehr Kontakt zu den Betrieben halten, um besser über die Bedürfnisse der Wirtschaft informiert zu sein.

Derzeit keine Personaldiskussion

Alle Details werden in den kommenden Wochen auch mit den AMS-Vorständen besprochen. Am 18. April wird es ein Treffen mit Johannes Kopf und Herbert Buchinger, den beiden Vorständen, im Sozialministerium geben. Eine Personaldiskussion sieht Strache derzeit nicht, schließlich gehe er davon aus, dass die Vorstände die gewünschten Reformen auch umsetzen. Buchinger hatte zuvor im STANDARD-Interview angeboten, seinen Posten zu räumen, wenn dies politisch gewünscht sei. Co-Chef Kopf, der für den Revisionsbericht Kritik von der Regierung erntete, äußert sich derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Öffentlichkeit.

Nur angedeutet wurde eine potenziell folgenschwere Neuaufstellung: Die Entscheidungsprozesse im AMS-Verwaltungsrat seien "sehr langsam", kritisierte die Sozialministerin. Daher müsse auch über eine neue Struktur diskutiert werden. Das Führungsgremium besteht aus Vertretern der Regierung sowie der Arbeiterkammer, Gewerkschaft, Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung und trifft sich einmal pro Monat, Entscheidungen fallen per Mehrheitsbeschluss. Der Rechnungshof hatte vorgeschlagen, der Regierung eine Stimmenmehrheit zu geben, um schneller Entscheidungen treffen zu können.

Was die angekündigte Neugestaltung des Arbeitslosengeldes betrifft, gebe es nichts Neues zu berichten, sagte Strache. Laut Regierungsprogramm soll die Notstandhilfe abgeschafft werden und durch ein gestaffeltes "Arbeitslosengeld neu" ersetzt werden. Derzeit würden noch im Sozialministerium "Kennzahlen berechnet", ergänzte Hartinger-Klein. (Leopold Stefan, 28.3.2018)