Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und die AMS-Vorstände Johannes Kopf und Herbert Buchinger bei dem Treffen am Mittwoch im Bundeskanzleramt.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Deeskalation statt Paukenschlag: Das Treffen zwischen der Regierungsspitze und den beiden Vorständen des AMS am Mittwoch in Wien ist ohne Köpferollen zu Ende gegangen, nicht einmal richtig kritische Worte hatte man füreinander gefunden. Als konkretes Ergebnis des Gesprächs sind die AMS-Vorstände Johannes Kopf und Herbert Buchinger beauftragt worden, bis zum Juni ein Reformkonzept für das Arbeitsmarktservice auszuarbeiten – um eine effizientere Mittelverwendung zu ermöglichen, wie Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach dem Treffen betonte.

Die AMS-Chefs und die Regierung lobten das Gespräch.
ORF

In der Folge will die Regierung die Neugestaltung der Arbeitsmarktpolitik gesetzlich bis zum Jahresende "auf den Boden bringen", so Kurz. Was zählt zu den Baustellen beim AMS:

Umgang mit Migranten

In den Augen der Regierung allem voran der Umgang mit Migranten und Flüchtlingen. Auslöser der Aussprache im Bundeskanzleramt war ein kritischer interner AMS-Revisionsbericht zur Betreuung von Arbeitslosen mit nichtdeutscher Muttersprache. Darin hatten sich AMS-Betreuer über Vermittlungsprobleme beklagt. Für Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hätte das AMS früher aktiv werden müssen. Welche Maßnahmen hier Abhilfe schaffen könnten, deuteten weder Kurz noch Strache an. Kurz betonte, dass dafür gesorgt werden müsse, dass Zuwanderer aus anderen Kulturen bereit sind zu arbeiten.

Vernetzung mit Sozialämtern der Länder

Die türkis-blaue Regierung plant, die Notstandshilfe abzuschaffen. Künftig soll es nur noch eine Arbeitslosenunterstützung geben, daran anschließen würden Leistungen aus der Mindestsicherung.

Derzeit besteht nach dem Ende des Arbeitslosengeldbezugs Anspruch auf Notstandshilfe, der zeitlich theoretisch unbegrenzt ist und ebenfalls vom AMS beglichen wird. Die Regierung versteht das in vielen Fällen als Einladung, in der sozialen Hängematte Platz zu nehmen. Das soll sich ändern.

Doch dafür gibt es eine praktisch große Hürde. Aktuell prüft das AMS, ob jemand arbeitswillig ist, und sperrt die Notstandshilfe, falls das nicht der Fall ist. Wird die Notstandshilfe gestrichen, würden zehntausende Bezieher in die Mindestsicherung wandern – zuständig für die Auszahlung sind die Sozialämter der Länder. Die Jobvermittlung bliebe beim AMS.

Das AMS müsste also viel intensiver Informationen mit den Sozialämtern austauschen, ansonsten wäre eine Sanktionierung bei Arbeitsunwilligkeit nicht möglich. Die AMS-Vorstände Buchinger und Kopf haben den Auftrag bekommen, für "bessere Schnittstellen" zwischen Sozialämtern und AMS zu sorgen.

Das AMS soll garantieren, dass Informationen über Arbeitslose rasch abrufbar sind. Die Länder müssten die Verarbeitung dieser Daten sicherstellen. Buchinger sagte, die bessere Vernetzung betreffe vorerst anerkannte Flüchtlinge, die in vielen Fällen zunächst Mindestsicherung beziehen. Wenn der Datenaustausch einmal reibungslos funktioniert, sei eine Erweiterung einfach möglich, so Buchinger zum STANDARD.

Einfluss der Sozialpartner

Eine andere Baustelle betrifft die organisatorische Aufstellung des AMS, genauer gesagt, welchen Einfluss die Sozialpartner künftig haben sollen. Das oberste Organ des AMS ist der Verwaltungsrat. Sechs der neun Mitglieder stellen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, den Rest Regierungsvertreter. Aus Sicht des FPÖ-geführten Sozialministeriums wäre es interessant, diese Struktur zu ändern. Über die Sozialpartner wird schließlich der großkoalitionäre Einfluss beim AMS zementiert. Auch in den Ländern spielen die Sozialpartner im AMS eine bedeutende Rolle.

Doch die Sozialpartner zu schwächen ist eine komplexe Aufgabe. Widerstand gibt es etwa in der Wirtschaftskammer, die mit der aktuellen Aufstellung zufrieden ist. Wenn die ÖVP-nahen Arbeitgeber im AMS zurückgedrängt werden, wäre das ein klarer Einflussverlust. Warum sollte die ÖVP das akzeptieren? Ein Ende der sozialpartnerschaftlichen Mitsprache würde Entscheidungen beim AMS beschleunigen. Der Rechnungshof hat in der Vergangenheit kritisiert, dass die Organisation zu behäbig agiert. Die Mitsprache der Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedeutet aber aktuell, dass alle relevanten Player gleich am Tisch sitzen.

AMS-Kurse auf dem Prüfstand

Ein Dauerbrenner bleiben die vom AMS angebotenen Kurse für Arbeitssuchende. Immer wieder beklagen sich Betroffene, dass sie zum dritten Mal einen Wie-bewerbe-ich-mich-richtig-Kurs absolvieren. Vizekanzler Strache fordert hier eine Evaluierung. Das AMS selbst will langfristige Qualifizierungsmaßnahmen forcieren.

Fokus auf Regionen

Ausbauen will die Regierung die Regionalisierung des AMS. Eine Idee, die dabei schon länger diskutiert wird, ist, Mangelberufslisten auf die Länder auszuweiten. Zu Mangelberufen haben Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern einfacheren Zugang. Aktuell gibt es nur eine bundesweite Liste. Ein Thema laut Regierungsprogramm ist auch: Welche Wegzeiten sind Arbeitnehmern zumutbar? Aktuell liegt die zumutbare Wegstrecke für einen Vollzeitbeschäftigten bei zwei Stunden. Die Regierung will die zumutbaren Wegzeiten ausdehnen. (szi, 18.4.2018)