Zu viele Vorgaben, eine zu große Einengung: Lehrerin Ulrike Schacherreiter gefällt das Zentralmatura-System nicht.

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Wien – Über ihre Schülerinnen und Schüler ist Ulrike Schacherreiter voll des Lobes: "Ich mag sie, sie sind interessiert, wollen etwas wissen." Seit 30 Jahren unterrichtet sie Deutsch und Geschichte am Adalbert-Stifter-Gymnasium in Linz, dem Oberstufengymnasium der Linzer Diözese.

Natürlich habe man an dieser Schule eine "privilegierte Situation", schließlich könne man sich die Schülerinnen und Schüler mehr oder weniger "aussuchen", sagt Schacherreiter. Institution für die Oberschicht sei man dennoch nicht, dem widerspreche schon der Monatsbeitrag von gerade einmal 100 Euro. Hierher kommen die Kinder von Eltern, "die sich bewusst für diesen Schultyp entscheiden" und die infolge dessen "sehr stark dahinterstehen".

Bei den Jugendlichen sieht die 62-jährige Lehrerin nur ein Problem: "Wir stehen immer stärker in Konkurrenz zu den elektronischen Medien." Viele würden gar nicht lesen wollen, zum Teil könnten die Schüler auch nicht mehr sinnerfassend lesen. Größere Sorgen macht ihr aber ein Bildungstrend: "Mich stört dieses ununterbrochene Hintrimmen auf Formate, auf den Pisa-Test und Ähnliches", ärgert sich die Lehrerin, jede Freiheit gehe verloren, denn "über allem schwebt die standardisierte Zentralmatura".

Literatur als "Orchideenfach"

"Ich fühle mich als Germanistin und Historikerin, aber ich habe de facto kaum Spielräume, etwa für Projekte", sagt Schacherreiter. Auf Schülerwünsche könne man kaum mehr eingehen. Sie nennt als Beispiel den Bereich Literatur: Nur ein Sechstel der schriftlichen Maturafragen beschäftige sich damit. Andere Vorgaben stehen im Vordergrund, Literatur verkomme so zu einer Art "Orchideenfach". Mündlich stiegen die Vorgaben für die Themenbereiche, die Folge: "Im vergangenen Jahr hatte ich keinen einzigen Deutsch-Maturanten."

Derzeit würden die Lehrpläne wieder adaptiert. Warum? Schacherreiter weiß es nicht, nur, fragt sie sich: "Wird der Output größer? Die Schülerinnen und Schüler sind doch jetzt nicht höher gebildet." Dafür sind sie etwas anderes, findet die Linzerin: "Nennen wir es beim Namen: Sie sind gleichgeschaltet." Die Jugendlichen würden sich viel weniger trauen als früher, seien so gar keine Revoluzzer: "Welchen Menschentyp ziehen wir da groß?" (Peter Mayr, 1.5.2018)