Hand hoch, wer in die Volksschule will! So einfach ist es nicht. Ob ein Kind schulreif ist, darüber entscheidet die jeweilige Direktion.

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Sind Schülerinnen und Schüler in der Steiermark gescheiter als Salzburger Kinder? Oder wird hier von Bundesland zu Bundesland ein komplett unterschiedlicher Maßstab angelegt, ab wann ein Kind als schulreif gilt?

Laut einer Statistik aus dem Bildungsministerium landen nämlich in Salzburg 24 Prozent der Kinder nach der Einschreibung in der Volksschule in einer Vorschulklasse. Am anderen Ende der Skala sticht die Steiermark heraus: Ein Prozent macht hier der Anteil der Vorschulkinder aus. Warum ist das so? Die Zahlen, die Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bei der Präsentation seiner Reformpläne im Schulbereich präsentiert hat (darunter die Verschiebung der Notenpflicht für Volksschüler auf Herbst 2019), sorgen für Verwunderung.

Auch bei Birgit Heinrich, Landesschulinspektorin von Salzburg. Was sie dem STANDARD erklärt, hat sie auch im Bildungsministerium deponiert: Der Grund für die hohe Anzahl an Salzburger Vorschülern liege schlicht und einfach am Erhebungszeitpunkt – und an den unterschiedlichen Herangehensweisen. Heinrich: "Im Zweifelsfall bekommt ein Kind bei uns eher Vorschulstatus, um es von Anfang an optimal fördern zu können." Im Laufe des Jahres würde etwa die Hälfte der Kinder aufgestuft, weshalb man bis zum Ende jedes Schuljahres bei den Zahlen der Vorschüler fast gleichauf mit der Steiermark liege. Die Zahlen des Ministeriums wurden aber Anfang Oktober auf Basis des Stellenplans erhoben.

Mehr Vergleichbarkeit

Den Befund des Bildungsministers, dass es ein österreichweit standardisiertes Verfahren zur Schuleinschreibung brauche, teilt aber auch die Schulinspektorin. "Es braucht mehr Vergleichbarkeit: Wenn ich mein Kind in Schule A einschreibe, soll dort das Gleiche rauskommen wie in Schule B." Das sei derzeit nicht der Fall.

Die Bildungsdirektorin der Steiermark, Elisabeth Meixner, erklärt, ihr Land habe bei der "Entscheidungsfrage Vorschulklasse oder integrativer Ansatz" bislang "Modellcharakter für die Bildungspolitik" gehabt – auch wenn aus den Schulen oft die Forderung nach einer eigenen Vorschulklasse komme.

Lehrergewerkschafter Paul Kimberger (FCG) bringt die Debatte über Vorschule ja oder nein auf folgenden Punkt: "Da steckt auch sehr viel Ideologie drin!" Etwa bei der Entscheidung, ob ein Kind in eine separate Vorschulklasse kommt oder innerhalb der Regelklasse einem eigenen Lehrplan folgt. Kimberger will die angekündigte Vereinheitlichung der Schulreifekriterien noch weiter denken: Bereits im Kindergarten soll verstärkt auf Defizite und Potenziale geschaut und Eltern über Anreize zu frühen Fördermaßnahmen motiviert werden.

Mehr Klarheit

In Vorarlberg sitzen laut Statistik des Bildungsministeriums 20 Prozent der Schulanfänger in einer Vorschulklasse. Warum das so ist, kann die amtsführende Präsidentin des Landesschulrates, Barbara Schöbi-Fink, nur vermuten: "Ein Grund ist sicher die hohe Zahl an Kindern mit einer anderen Muttersprache als Deutsch." Von einem standardisierten Verfahren erwartet sie sich "mehr Klarheit", hält es aber gleichzeitig für schwierig, einen derartigen Test zu entwickeln.

Dass es im Burgenland laut Statistik nur bescheidene drei Prozent der Kinder betrifft, erklärt Heinz Josef Zitz, Bildungsdirektor im Burgenland, mit den ländlichen Strukturen: Da habe man es leichter, da in den kleineren Schulen auch jene Kinder gut mitbetreut werden könnten. Eines ist er sich sicher: "Mit der Art der Testung hat das nichts zu tun." (Peter Mayr, Karin Riss, 4.5.2018)