Manfred Haimbuchner wirft dem Vorsitzenden des Mauthausen-Komitees, Willi Mernyi, vor: "Es gibt kein Interesse an einer Aussöhnung mit der FPÖ."

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Wien – Die FPÖ bleibt beim jährlichen Mauthausen-Gedenken unerwünscht. Ein Auftritt von FPÖ-Politikern wäre eine "erneute Demütigung" für die Überlebenden, erklärte der Vorsitzende des Mauthausen-Komitees, Willi Mernyi, zuletzt im STANDARD-Interview. Oberösterreichs FPÖ-Landeschef und Vizelandeshauptmann Manfred Haimbuchner kritisiert Mernyi dafür scharf und wirft diesem sogar eine "perfide Doppelstrategie" vor.

STANDARD: Der Vorsitzende des Mauthausen-Komitees, Willi Mernyi, hat Sie und alle anderen Freiheitlichen zu unerwünschten Personen bei der Gedenkfeier zur Befreiung des KZs am 6. Mai erklärt. Ihre Antwort?

Haimbuchner: Von meiner Warte aus ist die Tür für Gespräche offen. Ich biete das auch an, weil es ein untragbarer Zustand ist, dass Regierungsmitglieder zu so einem wichtigen Gedenken nicht eingeladen werden. Es muss hier einmal zur Aussöhnung, zu einer Aussprache kommen. Wenn das mit meiner Generation in der FPÖ nicht möglich ist: ja wann denn dann? Dieser Zustand ist inakzeptabel. Aber, und das ist mein persönlicher Vorwurf an Willi Mernyi: Es gibt kein Interesse an einer Aussöhnung mit der FPÖ. Es gibt sogar eine perfide Doppelstrategie. Auf der einen Seite lädt man uns nicht ein, auf der anderen Seite hat uns Oberösterreichs SPÖ-Landeschefin Birgit Gerstorfer schon vorgeworfen, dass wir die Befreiungsfeier nicht besuchen. Man muss schon sehr vorsichtig sein, dass diese antifaschistischen Institutionen nicht Folklore betreiben und man sie am Ende des Tages parteipolitisch benutzt.

STANDARD: Würden Sie denn gerne an der Gedenkfeier für die NS-Opfer teilnehmen?

Haimbuchner: Ich würde natürlich hingehen. Ich habe das Konzentrationslager Mauthausen schon mit meinen Eltern besucht, bevor es die Pflichtbesuche in der Schule gab. Wir haben in Oberösterreich auch einen aufrichtigen Kontakt mit der Israelitischen Kultusgemeinde. Hier haben wir eine ganz normale, entspannte Einladungspolitik. Wir wurden auch bereits nach Yad Vashem (Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem, Anm.) eingeladen. Nur mit Herrn Mernyi gibt es diesen Kontakt nicht. Mit Verlaub: Diesen Widerspruch soll man erst einmal auflösen. Der Kreisky durfte mit Friedrich Peter (Ex-FPÖ-Obmann und SS-Mitglied, Anm.) zusammenarbeiten, aber der Manfred Haimbuchner, der immer klare Aussagen gegen Antisemitismus getätigt hat, darf nicht zur Befreiungsfeier?

STANDARD: Vielleicht hat das mit den vielen Einzelfällen in der FPÖ zu tun. Gerade zuletzt hat FPÖ-Klubchef Johann Gudenus George Soros für die weltweiten Flüchtlingsströme verantwortlich gemacht. Das wird von vielen als antisemitische Anspielung verstanden. Muss man da das Mauthausen-Komitee nicht verstehen?

Haimbuchner: Unser Parteiobmann hat klargestellt, dass es nicht um den religiösen Hintergrund des Herrrn Soros geht, sondern um gewisse Vorgänge, die man kritisch hinterfragt. Das ist kein offener oder versteckter Antisemitismus von Gudenus gewesen.

STANDARD: So wird das aber wahrgenommen. Gudenus, aber auch Verkehrsminister Norbert Hofer unterstellen einer Einzelperson, die Jude ist, für die weltweiten Flüchtlingsströme verantwortlich zu sein. Das ist ja nur mehr paranoid und verschwörungstheoretisch.

Haimbuchner: Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Ich glaube nicht, dass Herr Soros internationale Konflikte auslöst, damit Flüchtlinge nach Österreich kommen. Man mag uns Verschwörungstheorien vorwerfen. Von mir aus. Aber die Aussage von Gudenus war nicht antisemitisch gemeint. Sie war unsensibel. Er weiß genau, wie sehr die FPÖ um Aussöhnung mit den Juden und dem Staat Israel bemüht ist. Das ist uns wirklich wichtig. Heinz-Christian Strache, aber auch ich haben seit vielen Jahren eine ganz klare Haltung gegenüber Antisemitismus gezeigt. Das wollen aber manche einfach nicht wahrhaben.

STANDARD: Die deutlichen Worte von Strache wurden schon wahrgenommen. Aber die Frage ist doch: Wie kann es im Jahr 2018 in einer Regierungspartei sein, dass alle 14 Tage ein Einzelfall passiert? Es gibt einfach zu viele Leute aus der FPÖ, die mit rechten Rülpsern auffallen.

Haimbuchner: Wenn es Ausritte gab, dann haben wir immer klar gehandelt. Die Wahrheit ist doch: Diese ganze Diskussion schadet uns. Das ist eine Tatsache. Warum also sollte die FPÖ, die vor importiertem Antisemitismus durch Muslime warnt, auch nur ansatzweise für einen anderen, für einen historischen oder nationalen Antisemitismus eintreten? Das Thema Antisemitismus ist ein historisch belastetes für alle politischen Lager in Österreich. Den hat es natürlich auch in der FPÖ gegeben, so wie auch bei den Christlichsozialen mit dem Antisemitenbund und in der SPÖ. Aber so offensiv wie in den letzten Monaten wurde dieses Thema von uns noch nie angesprochen. Und es wird auch klar danach gehandelt.

STANDARD: Die Einzelfälle schrecken aber offenbar viele ab. Trotz Türkis-Blau im Bund wollte in Tirol Landeshauptmann Günther Platter keinesfalls mit der FPÖ koalieren, in Salzburg zieht Wilfried Haslauer nun Grüne und Neos vor.

Haimbuchner: Das hat damit nichts zu tun. Platter und Haslauer wollen nicht mit der FPÖ koalieren, weil es mit den Grünen oder den Neos gemütlicher ist und weil man sich an diese politischen Partner in den Ländern gewöhnt hat. Josef Pühringer hätte auch nicht mit uns in Oberösterreich koaliert, wenn er nicht die Wahl 2015 so massiv verloren hätte und sich eine Mehrheit mit den Grünen ausgegangen wäre. Das muss man auch in dieser Deutlichkeit sagen. (Günther Oswald, 5.5.2018)