Innenminister Herbert Kickl (links) und sein Generalsekretär Peter Goldgruber (rechts) dürften auch über neue Enthüllungen in der BVT-Affäre innig diskutieren

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Das Innenministerium hat der Justiz bei den Ermittlungen gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) finanzielle Hilfe angeboten, etwa in Form von technischer Ausrüstung. Das geht aus einem Aktenvermerk der zuständigen Staatsanwältin hervor, über den erstmals der "Kurier" berichtete. Die Staatsanwältin fühlte sich von Kabinettsmitarbeitern und Peter Goldgruber, dem Generalsekretär im Innenministerium, unter Druck gesetzt.

"Es entsteht bei mir der Eindruck, dass er etwas verschweigt", notierte die Staatsanwältin zu Goldgruber, nachdem ihr dieser jenes 40-seitige Konvolut mit Anschuldigungen übermittelt hatte, das die Affäre dann ins Rollen bringen sollte. Die Staatsanwältin stellt sogar in den Raum, dass Goldgruber das Dossier womöglich "selbst" geschrieben habe.

Goldgruber soll später auf die Einrichtung einer Sonderkommission im Innenministerium gedrängt haben. Das Magazin "Profil" enthüllte bereits in seiner Samstagsausgabe, dass Goldgruber der Staatsanwältin mitgeteilt habe, Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) habe ihm den "Auftrag" gegeben, im Ministerium "aufzuräumen".

Innenministerium dementiert

Im Innenministerium bestreitet man das. Goldgruber dementierte, der Autor des Konvoluts zu sein; die Aktenvermerke seien "einseitige Wahrnehmungen, die nicht zwingend Gesprächsinhalt und Wortwahl korrekt und frei von eigenen Interpretationen wiedergeben", wird Goldgruber in einer Aussendung zitiert. Es sei ein "dreister Ansatz zu behaupten, dass die unabhängige Justiz aufgrund von äußerem Druck reagieren würde", so Goldgruber.

Die Aktenvermerke zeigen jedenfalls, dass das Ministerium noch stärker als bislang bekannt in die Ermittlungen gegen die hauseigene Behörde involviert war. Ab September soll ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss prüfen, ob das Innenministerium die Ermittlungen aus politischen Zwecken angestoßen hat. Die Aktenlieferungen für den U-Ausschuss sind abgeschlossen, so gelangten die neuen Enthüllungen an die Medien.

In Justizkreisen ist man mit dem Vorgehen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft alles andere als glücklich. Hochrangige Mitarbeiter des Ministeriums denken, dass sich die Staatsanwaltschaft in etwas "verrannt" habe. Sie hätte das Ministerium über die direkten Kontakte mit dem Innenministerium früher informieren sollen, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Keine Reaktion bei ÖVP

Auch beim Verfassungsschutz rumort es. Dort stellen sich bereits viele Beamte – darunter auch höherrangige – die Frage, wie lange die ÖVP zu den Vorgängen noch schweigen werde. Dass dem Leiter der Behörde, Peter Gridling, vom Koalitionspartner FPÖ sinngemäß vorgeworfen worden sei, ein kriminelles Netzwerk zu leiten, und dem keine Reaktion der ÖVP gefolgt sei, könne nicht hingenommen werden. Die Aktenvermerke der Staatsanwältin über Interventionen und Druck aus dem FPÖ-geführten Innenministerium verlange nach Reaktionen der ÖVP, heißt es beim BVT.

Reagiert haben vorerst nur die Oppositionsparteien. Die SPÖ forderte erneut den Rücktritt von Innenminister Kickl, die Neos sprachen davon, dass der Minister das BVT plump mit der Brechstange umfärben habe wollen. "Ich frage mich, mit welcher Geschichte Kickl das nun wieder erklären möchte", sagt die Abgeordnete Stephanie Krisper, die die Neos im Untersuchungsausschuss vertreten wird.

Affäre begann vor vier Monaten

Die Ermittlungen zum BVT sorgen seit vier Monaten für Aufregung. Am 28. Februar waren Staatsanwälte gemeinsam mit der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) im BVT aufgetaucht, um Büros zu durchsuchen; aber auch Privatwohnungen kamen dran. Ihnen wird vorgeworfen, bei einer Operation zur Observation nordkoreanischer Agenten Rechtsverstöße begangen und Daten einer ehemaligen Nationalratsabgeordneten der Grünen und eines Wiener Anwalts nicht fristgerecht gelöscht zu haben. Mehrere Suspendierungen, darunter die von BVT-Chef Peter Gridling, wurden mittlerweile wieder aufgehoben.

Die Razzia wurde damals, wie berichtet, mit "Gefahr im Verzug" begründet. So hat die Staatsanwaltschaft etwa befürchtet, dass Beweismittel vernichtet werden könnten. Allerdings ist laut Aktenvermerken bereits sechs Tage vor der Razzia der Präsident des Wiener Landesgerichts von selbiger informiert worden. (fsc, gra, 25.6.2018)