Weißschulter-Kapuzineraffen (Cebus capucinus imitator) sind offensichtlich geschickte Handwerker: Einige Individuen haben gelernt, Nüsse und Muscheln mit Steinen zu knacken.
Foto: Imago/Erhard Nerger

Während der Großteil der Menschheit die Steinzeit seit rund 4.000 Jahren hinter sich gelassen hat, sind einige Affenarten gerade dabei, in eben diese einzutreten. Drei Primaten-Populationen waren bisher bekannt, die sich den Alltag durch die Verwendung von Steinwerkzeugen erleichtern: Eine Gruppe von Schimpansen in Westafrika, eine Makakenhorde in Thailand und Kapuzineraffen der Gattung Sapajus in Südamerika. Letztere setzen möglicherweise sogar bereits seit 700 Jahren Werkzeuge aus Stein ein.

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Rückenstreifen-Kapuziner (Sapajus libidinosus) im brasilianischen Nationalpark Serra da Capivara dürften schon seit Jahrhunderten wissen, wie man mit Steinen Nüsse aufkriegt.
Foto: AP/Michael Haslam

Neuzugang in der Steinzeit

Nun dürfte dieser exklusive Kreis Zuwachs bekommen haben: Biologen entdeckten auf einer Insel vor der Küste Panamas eine Gruppe von Weißschulter-Kapuzineraffen (Cebus capucinus imitator), die Steine sehr routiniert zum Aufbrechen von Nüssen oder Schalen von Meerestieren einsetzen. Die Tiere haben sich dafür regelrechte Werkstätten eingerichtet, wo geeignete Steine bereitliegen und ein Felsen als "Amboss" dient.

Diesen Platz suchen die Affen das ganze Jahr über immer wieder mit Armen voller Nüsse oder Meeresschnecken auf. Selbst die dicken Schalen der Kokosnüsse stellen dort für die Kapuzineraffen kein Problem dar. Für Brendan Barrett vom Smithsonian Tropical Research Institute in Panama (heute am Max-Planck-Institut für Ornithologie tätig) und sein Team besteht nach jüngsten Beobachtungen kein Zweifel: Für diese Primaten hat die Steinzeit begonnen – und es sind die ersten aus der Gattung Cebus, denen das gelungen ist.

Ein Kapuzineraffe auf der Insel Jicarón in seiner "Werkstatt". Der große Stein wird zum Aufknacken der herbeigeschafften Nüsse verwendet.
Foto: Brendan Barrett

Exklusiver Handwerkerkreis

Die Kapuzineraffen leben vermutlich bereits seit sechs Millionen Jahren auf Jicarón, einer kleinen Pazifikinsel vor der Südküste Panamas. Das Eiland ist Teil des Coiba-Nationalparks, dem noch zwei weitere von Kapuzineraffen bewohnte Inseln angehören. Steine als Werkzeuge benutzen allerdings ausschließlich jene von Jicarón – und auch dort haben nur die Männchen einer kleinen Population die Vorteile des Werkzeuggebrauchs für sich entdeckt. Warum sich diese kulturelle Fähigkeit nicht weiter ausbreitet, gibt Rätsel auf.

"Wir waren sehr überrascht von der Erkenntnis, dass sich ein solches Verhalten auf eine so kleine Region beschränkt", sagt Barrett. Zumal die Affen vermutlich nicht erst seit kurzem die Steine so geschickt handhaben: Die ersten Berichte über Werkzeuggebrauch in der betreffenden Population auf Jicarón tauchten bereits 2004 auf.

Video: Obwohl der Werkzeuggebrauch den Kapuzineraffen das Leben erleichtert, breitet sich diese Fähigkeit kaum aus.
Brendan Barrett

Kaum Wissenstransfer

Um festzustellen, was aus diesen Anfängen geworden ist, haben Barrett und seine Kollegen im März 2017 Kamerafallen auf den drei Inseln aufgestellt. Da bekannt ist, dass immer wieder einzelne Individuen zwischen den Inseln wechseln, lag der Gedanke nahe, dass sich auch der Werkzeuggebrauch mit diesen Tieren weiter ausbreiten könnte.

Zwar konnten die Forscher auf den Videos festhalten, wie einige Affen nach wie vor auf versierte Weise Kokosnüsse, Krabben oder Schnecken mit Steinen knackten. Die Fähigkeit hatte allerdings in den zurückliegenden 13 Jahren offensichtlich nicht Schule gemacht: Den Kapuzineraffen der anderen Inseln war der Gebrauch von Steinen als Werkzeuge nach wie vor fremd

Welche Schlüsse sich daraus für die Menschheitsgeschichte ziehen lassen, ist unklar. Möglicherweise ist der Eintritt ins Steinzeitalter eher eine Zufallsentdeckung einzelner Individuen als eine Entwicklungsrichtung, die Primaten zwangsläufig früher oder später einschlagen, vermuten die Wissenschafter. (tberg, 7.7.2018)