Franco Foda: "Vielleicht hätten wir gegen starke Gegner auswärts proben sollen."

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Zenica/Wien – Der Spirit in der österreichischen Fußballnationalmannschaft stimmte trotzdem. Ist einer schlecht, sind alle schlecht. Solidarischer als beim 0:1 in Zenica gegen Bosnien-Herzegowina kann man gar nicht kicken. Das gebeutelte Team ist Mittwochmittag in Wien gelandet, es war eine ziemlich zersplitterte Gruppe, die meisten hatten sich bereits in Sarajevo verabschiedet. Marko Arnautovic dürfte gar nicht geschlafen haben, er war privat beschäftigt. Edin Dzeko hatte um drei Uhr früh ein Foto gepostet, es zeigte ihn in echt lustiger Stimmung mit "meinem Bruder Marko".

Dzeko hatte Stunden davor das Siegestor erzielt. Soll er posten und redlich feiern. Dass Österreichs Kapitän Partygast war, ist zwar kein Megaskandal, aber wirklich brillant ist diese Aktion nicht gewesen. Teamchef Franco Foda, dem soziale Medien ungefähr so fremd sind wie einem Veganer der Jungschweinsbraten, reagierte äußerlich gefasst. "Er ist erwachsen, muss wissen, was er tut." Arnautovic stand nicht mehr unter den Fittichen des ÖFB, nach der medizinischen Freigabe wurden er und andere sich selbst überlassen. Der Legionär von West Ham hatte aus dem Hotel bereits ausgecheckt. Für den Boulevard ist diese Geschichte kein Fressen, sondern ein Festschmaus. In Wahrheit ist sie menschlich.

Schadensbegrenzung

Foda bemühte sie generell um Schadensbegrenzung, er empfand die Leistung "in machen Phasen als gar nicht schlecht. Warum wir nach 25 starken Minuten den Faden verloren haben, muss ich erst analysieren. Es ist meine Aufgabe, mir nach Siegen und Niederlagen Gedanken zu machen." Immerhin seien die Spieler sehr selbstkritisch gewesen. "Fast zu selbstkritisch. Ich bleibe bodenständig, dazu gehört auch, nicht zu pessimistisch zu sein." In der Nations League sind noch neun Zähler zu haben. "Der Druck ist größer, aber ich glaube daran."

In Zenica ist man am Dienstagabend auch an den eigenen Erwartungen gescheitert. Im Vorfeld haben die Spieler gefragt und ungefragt "die hohe Qualität" gelobt, Foda selbst sprach von einem "hochkarätigen Kader". Und dass ihm jene, die nicht zum Einsatz kommen, leidtäten. Dieses öffentlich zur Schau gestellte Selbstbewusstsein hatte Gründe, sechs Siege in sieben Testspielen gaben Anlass zum leichten Größenwahn. Der Titel "Testspielkaiser" bleibt Foda. Die Wahrscheinlichkeit, dass er irgendwann Pflichtpartien gewinnt, ist selbstverständlich groß.

Dem 52-jährigen Deutschen sind aber einige Dinge unangenehm aufgestoßen: die technischen Fehler bei der Ballannahme, die mangelnde Passqualität, der unfreiwillige Verzicht auf schnelle Kombinationen. Stattdessen wurden lange Bälle ins Nirwana geschlagen. "Das können die Schweden, wir aber nicht." Trotzdem wäre ein Remis gerechter gewesen. Foda führte einige Zahlen an, etwa 55 Prozent Ballbesitz oder 13:5 Torschüsse. "Die individuelle Klasse von Dzeko war ausschlaggebend." Eine Einzelkritik sparte er sich.

Vielleicht

Okay, Stefan Ilsanker habe vor dem Gegentor einen Stellungsfehler begangen. Dass Michael Gregoritsch als Mittelstürmer eine absolute Fehlbesetzung war, hat Foda nicht bestätigt. Möglicherweise sind in der Planung Patzer passiert. Die Tests waren Heimspiele, Luxemburg ausgenommen. "Vielleicht hätten wir gegen starke Gegner auswärts proben sollen." Andererseits sei das gegen Russland, Deutschland und Brasilien unmöglich gewesen.

Foda wird sich nun nicht der Selbstzerfleischung hingeben, sondern am 2. Oktober den nächsten Kader nominieren. Einen hochkarätigen, Nordirland gastiert zehn Tage später im Happel-Stadion. 13.500 Karten wurde bisher verkauft, viel mehr dürften es nicht werden. (Christian Hackl, 12.9.2018)