Obwohl es eine Tankstelle mit Bedienung ist, bedarf es zumindest eines fetten Sterns, dass sich der Chef nach draußen bemüht, wenn unsereins vorfährt. Er ist es inzwischen gewohnt, dass sich Boliden mit 600 PS oder mehr an seiner Zapfsäule laben. Umso erstaunlicher war es, dass er beim Ceed wie von der Tarantel gestochen nach draußen schoß und wie Rumpelstilzchen um den Wagen tanzte.

Mit seiner Tigernase sticht der Kia Ceed aus der Kompaktklasse hervor. Nervige Design-Eskapaden erlaubt er sich nicht – auch nicht im aufgeräumten Innenraum.
Foto: Guido Gluschitsch

"Ist das der neue kleine M, von dem alle reden?", krächzte er. "Ein neuer AMG?" Er gluckste beim Tänzeln. "Und? Wie fährt sich dieser Rennwagen?"

"Hervorragend!" Die Stille wurde nur kurz unterbrochen, weil jemandem die Kinnlade auf die Schuhe fiel. Die Pause bot Gelegenheit, die Vorzüge des Wagens zu erläutern. Wie wir das sonst auch machen. Nur diesmal in umgekehrter Reihenfolge. Nicht der Tankwart erklärte mir, welches Prachtstück an Auto ich da habe und für welche Rekorde der auf dem Nürburgring gut ist, sondern diesmal durfte ich.

Der Kofferraum ist nun größer, die Ladekante tiefer.
Foto: Guido Gluschitsch

Kia hat den Ceed in der Neuauflage ordentlich verbessert und gerade der 140 PS starke Turbo-Vier-Zylinder – mit Partikelfilter übrigens -, den die Koreaner jetzt anbieten, ist ein kurzweiliger Motor, der gut in den Wagen passt.

Der Innenraum des Kia Ceed.
Foto: Guido Gluschitsch

Halbwegs beherrschte Fahrten quittiert das Aggregat mit einem Verbrauch um die sechs Liter. Wenn es pressiert, werden es natürlich schnell einmal derer acht. Der Turbo sorgt eben nicht nur für einen Vortrieb, der noch vor wenigen Jahren mit 1,4 Litern Hubraum unvorstellbar war, er lässt bei Dauerfeuer halt auch die Brennkammern ordentlich fluten. Aber das kann man ja alles selber mit dem rechten Fuß einstellen.

Agiler und direkter

Dabei liegt dem Ceed nun die dynamische Fahrweise viel besser als früher, weil das Fahrwerk ein paar Klicks straffer und die Lenkung deutlich direkter wurde. Da würde es nicht schaden, wenn man die Abstimmung des Doppelkupplungsgetriebes auch in diese Richtung nachbessern würde.

Fahrwerk und Lenkung wurden sportlicher.
Foto: Guido Gluschitsch

Das ist nicht der einzige Kritikpunkt am neuen Ceed. Der zweite hängt auch an der gesteigerten Dynamik. Auf einmal stört es nämlich, dass sich der Spurverlassenswarner bei jedem Start von allein aktiviert. In der Stadt ist das kein Problem, aber wer am Fuße eines Berges wohnt und schon nach dem Frühstück ein paar einsame Kurven kredenzt bekommt, wird sofort verstehen ...

Viel ist es also nicht, was es an diesem Testwagen auszusetzen gibt. Der Preis für den Wagen ist fair, nicht mehr billig, der Innenraum ist fein, weil alles gut in der Hand liegt, man keinen Schalter suchen muss und sich immer gut informiert, aber nie unnötig abgelenkt fühlt. Meisterleistung.

Die Armaturen des neuen Ceed sind eher klassisch.
Foto: Guido Gluschitsch

Aufgefallen ist auch, dass der Ceed mit der Neuauflage nicht um eine Schuhnummer größer, aber dennoch geräumiger und praktischer wurde. Ein Blick auf die technischen Daten zeigt: Radstand und Länge blieben gleich, der Kompakte wurde etwas flacher und um zwei Zentimeter breiter, während der Kofferraum um 15 Liter größer wurde und die Ladekante deutlich tiefer.

Der Tankwart hat die Szene schon lange völlig resigniert verlassen und wartet an der Kassa. Als wir uns doch etliche Tage später wiedersehen, kommt er nicht heraus, um zu tanzen. Er wartet drinnen und begrüßt mich wenig aufgeregt mit den Worten. "Der neue Ceed, hm? Tolles Auto." (Guido Gluschitsch, 3.10.2018)

Foto: Guido Gluschitsch