Heinz Faßmann legt als Bildungsminister Wert darauf, kein Bildungsexperte zu sein.

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Bildungsminister Heinz Faßmann hat Falter-Autorin Sibylle Hamann ein bemerkenswertes Interview gegeben. Bemerkenswert ist es in mehrfacher Hinsicht. Einerseits weist der Bildungsminister weit von sich, ein Bildungswissenschafter zu sein, er besteht, akademisch höchst korrekt, darauf, dass Demografie und Geografie seine Spezialgebiete seien. Das ist nur leider insofern unerheblich, als der Bildungsminister schon qua Funktion für sich in Anspruch nehmen muss, sich in allen Bildungsthematiken zumindest so gut auszukennen, dass er in der Lage ist, politische Entscheidungen zu treffen.

Und er darf schon gar nicht mit dem Hinweis auf seine vermeintliche Nichtexpertise ausweichen, wenn er gefragt wird, was er von der gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen hält. Denn das ist eine Kernfrage der österreichischen Bildungspolitik. Sollte Faßmann der Ansicht sein, dass diese eigentlich der richtige bildungspolitische Weg ist, ist es seine Aufgabe, dies auch zu sagen und innerhalb der Regierung zu vertreten. Ist er anderer Ansicht, hätte er dies wohl klargemacht. Dann gibt es keinen Grund zu lavieren.

"Híneingrätschen" wäre Pflicht

Sein Hinweis, dass es auch in einer gemeinsamen Schule Differenzierung gibt, spricht noch nicht gegen dieses Schulmodell. Es ist wohl so, dass der Minister es für loyal und diszipliniert hält, mit seiner Meinung in der Regierung hinter dem Berg zu halten, nicht "hineinzugrätschen", wie er an anderer Stelle sagt.

Das ist doch ein recht seltsames Verständnis von Politik, denn eigentlich müsste es darum gehen, für seine Überzeugung zu kämpfen. Bei einem anderen Thema hatte er da weniger Bedenken: als es darum ging, Noten wieder einzuführen. Entgegen den Bedenken von Bildungsexperten und betroffenen Pädagogen hat der Minister hier die Regierungslinie durchgezogen.

Falsche Zurückhaltung

Faßmanns politische Zurückhaltung an anderer Stelle geht aber eindeutig zu weit: Dass er nichts dagegen sagt, wenn die FPÖ gegen muslimische Schülerinnen und Schüler mobilmacht, etwa Mädchen pauschal unterstellt, sie würden im Ramadan "nichts lernen", ist vielleicht loyal gegenüber dem Koalitionspartner. Aber es ist illoyal gegenüber den Schülerinnen und Schülern, für die er als Minister zuallererst verantwortlich ist. Er schützt sie nicht, sondern billigt schweigend ihre Ausgrenzung.

Und es ist auch schade, weil es überdeckt, dass Faßmann auch durchaus vernünftige Vorschläge macht. Wenn er etwa beklagt, dass der Mitteleinsatz im österreichischen Schulsystem ineffizient sei und er versuchen wolle herauszufinden, wo Geld nutzlos versickert, ist das zu begrüßen.

Auch dass er die Frontstellung Bund—Wien in der Integrationsfrage bedauert und sagt, dies sei nur gemeinsam zu bewältigen, spricht für ihn.

Allerdings: Auch Faßmann benennt als "Schuldigen" an diesem Konflikt sofort das rot-grün regierte Wien, ohne weitere Umstände – und ohne zu hinterfragen, welchen Anteil die Bundespolitik an diesem Konflikt hat, der letzten Endes vor allem Schülerinnen und Schülern wie auch den Lehrerinnen und Lehrern auf den Kopf fällt. Das wirkt dann schon etwas weniger um Objektivität bemüht. (Petra Stuiber, 2.11.2018)