Josef Hübner will gegen seinen Ausschluss bei allen möglichen Instanzen vorgehen.

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Als Postler legt man auf die korrekte Zustellung Wert – sogar wenn man selbst von einer unangenehmen Nachricht betroffen ist. Das gilt jedenfalls für den Postgewerkschafter Josef Hübner, der am Montag einstimmig vom Bundesvorstand der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) ausgeschlossen wurde.

Unübliche Briefe

"Ich warte noch auf die schriftliche Zustellung des Bescheids", erklärt Hübner auf Nachfrage des STANDARD zunächst etwas formalistisch. In seinen Briefen, die der Grund seines Ausschlusses sind, war Hübner weniger diplomatisch. Im ersten Schreiben an Kanzler Sebastian Kurz huldigte er der türkis-blauen Koalition und äußerte sich enthusiastisch zur Kürzung der Mindestsicherung. Im zweiten Brief, der an Wiens Bürgermeister Michael Ludwig erging, übermittelte er seinem SPÖ-Freund einige geharnischte Botschaften "zum Mitschreiben" – schriftlich, versteht sich. Darunter eine Kritik an "sozialromantischer Schlaraffenlandpolitik" sowie ein Angriff auf Altbürgermeister Michael Häupl, den Hübner bevorzugt als "Spritzwein Häupl" tituliert.

Anzeige gegen Parteifreund

Es ist nicht das erste Mal, dass Hübner zu skurrilen Handlungen neigt, um seinen Unmut an der roten Politik zu ventilieren. Im Sommer letzten Jahres hatte er Helmut Köstinger, den Chef der Postgewerkschaft, wegen Verhetzung angezeigt, weil ihm dessen Wortwahl bei der Großdemonstration des ÖGB gegen den Zwölfstundentag nicht behagte. Köstinger hatte dort zum "Sturz der Regierung" aufgerufen.

Briefe statt Mails

Mit seinen brieflichen Einlassungen hat es sich Hübner nun aber endgültig mit den Genossen verscherzt. Seine Fraktion wirft ihm vor, dass sein Verhalten "dem Vereinszweck bzw. dem Ansehen des Vereins FSG-GÖD zuwiderläuft" und gegen die Statuten verstößt. Besonders verärgert ist die FSG darüber, dass Hübner sein Schrifttum auf offiziellem Briefpapier der Fraktion entfaltet hatte. Damit habe er den fälschlichen Eindruck erweckt, seine tagespolitischen Kommentare entsprächen der Position der FSG. Hübner sieht das anders und begründet den Griff zum offiziellen Briefpapier mit einer kommunikationstheoretischen Beobachtung: "Mails liest ja keiner, die Posteingänge sind oft überfüllt." Wer die Aufmerksamkeit des Empfängers auf sich ziehen wolle, sei mit einem schönen Briefkopf besser bedient, rät er.

Einspruch gegen Ausschluss

Seinen Ausschluss gedenkt er nicht so ohne weiteres zu akzeptieren. Der geschasste Gewerkschafter will Einspruch erheben und sieht sich schon auf dem Marsch durch die Instanzen: "Notfalls gehe ich bis zum Europäischen Gerichtshof." Da er von seinen Kollegen gewählt worden sei, werde er auch als Personalvertreter weiterhin seines Amtes walten.

Wie es nun – nach dem Gewerkschaftsausschluss – mit Hübners Mitgliedschaft in der SPÖ weitergeht, ist noch offen. Einen Abschied kann er sich nur schwer vorstellen. Schließlich sei er der Partei schon "seit der Zeit im Mutterleib" verbunden. Apropos Wärme: Von der SPÖ wünscht er sich künftig eine Politik, die "in die Herzen der Menschen hineinfließt". Er glaubt auch nicht daran, dass ihn die SPÖ loswerden will, teilt Hübner dem STANDARD in verschwörerischem Unterton mit. Dem stehe nämlich sein profundes "Insiderwissen" entgegen. Was damit im Konkreten gemeint ist, verrät er nicht.

Viele Zuschriften

Eines ist für Hübner allerdings gewiss: Dass er mit seiner Haltung, die sich gegen eine laxe Migrationspolitik wendet, in der Partei nicht alleine dasteht: "In Wahrheit denken viele so wie ich, nur traut sich das halt niemand zu sagen." Darum verwundere ihn auch nicht, dass die Entscheidung der FSG gegen ihn einstimmig ausgefallen ist. Freilich hat Hübner für die Motive hinter dem Konformismus seiner Gewerkschaftskollegen schon eine Erklärung parat: Angst und Feigheit.

Privat ernte er für seine Aktionen allenthalben Zustimmung, sagt Hübner. In Summe seien schon über 800 Zuschriften bei ihm eingetrudelt, die ihn auf seinem parteikritischen Weg bestärken. Die Mails habe er sich sogar ausgedruckt. Immerhin einer, der Mails liest. (Theo Anders, 29.1.2019)