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Im Idealfall bringt der Frühling eine Lösung im Kindergeldstreit. Derzeit gibt es aber noch verhärtete Fronten zwischen SVA und Familienministerium.

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Die Gerichte versucht die SVA derzeit zu meiden. Seit Jänner schreibt die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen die Arbeits- und Sozialgerichte an, damit diese bereits anberaumte Verhandlungen zu Streitigkeiten über das Kinderbetreuungsgeld vertagen. Es würden gerade Gespräche mit dem Bundeskanzleramt laufen, "deren Ausgang Einfluss auf den Verfahrensausgang" haben könnte, heißt es in einer solchen "Vertagungsbitte", die dem STANDARD vorliegt.

Worum es in dem Streit geht? Wie berichtet gibt es zahlreiche Selbstständige, denen die Rückzahlung des Kinderbetreuungsgeldes droht, weil sie Probleme mit der Zuverdienstgrenze haben. Der Modus ist bei Selbstständigen relativ kompliziert. Beim einkommensabhängigen Kindergeld dürfen jährlich maximal 6400 Euro dazuverdient werden, bei der pauschalen Variante sind es 16.200 Euro. Diese Beträge müssen aber auf jene Monate umgerechnet werden, in denen man tatsächlich in Karenz war, und werden dann noch um 30 Prozent erhöht.

Zwei Jahre Zeit

Die Berechnung an sich ist also schon eine Herausforderung. Dazu kommt, dass man dann binnen zwei Jahren eine monatsweise Aufschlüsselung der Einnahmen an die SVA schicken muss. Ohne eine solche "Abgrenzung", wie es technisch heißt, zieht die SVA die gesamten Einnahmen eines Jahres heran, wodurch natürlich viel öfter die Zuverdienstgrenze überschritten wird.

Und hier setzen auch die Schwierigkeiten der Betroffenen ein. Ursprünglich verschickte die SVA Erinnerungsschreiben und akzeptierte es auch, wenn die Abgrenzung mit Verzögerung erfolgte. Vor einigen Jahren untersagte das Familienministerium der SVA allerdings per Weisung solche Kulanzlösungen.

Im Vorjahr schien sich der Wind zu drehen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab einer Vorarlbergerin recht, die ihr gesamtes Kindergeld in der Höhe von 10.593,22 Euro zurückzahlen sollte. Der OGH entschied: Da die Versicherte nicht rechtzeitig informiert wurde, dürfe sie ihre Aufschlüsselung der Einkünfte nachreichen – und damit konnte sie der Rückzahlung entgehen.

500 bis 700 Betroffene

An diesem OGH-Urteil wollte sich die SVA nun bei allen offenen Streitfällen der Jahre 2012 bis 2017 orientieren. Dem Vernehmen nach wäre dadurch rund 500 bis 700 Jungfamilien die Rückzahlung von Teilen oder des gesamten Kindergeldes erspart geblieben. Aber auch hier legte sich das Familienressort wieder quer. Es besteht, so wird dem STANDARD berichtet, weiter auf einen restriktiven Vollzug. Räume man den Selbstständigen Nachfristen ein oder informiere aktiv über drohende Fristversäumnisse, könne eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu Unselbstständigen vorliegen, lautet ein Argument, das intern vorgebracht wird. Zudem wird an der Richtigkeit des erwähnten OGH-Urteils gezweifelt.

Hinter vorgehaltener Hand wird im Ressort auch kritisiert, dass die SVA in den ersten Monaten des Jahres, also während der laufenden Verhandlungen, Rückforderungen stunde – ohne rechtliche Grundlage, wie es heißt. So richtig in die Gänge gekommen sind die Gespräche zwischen dem im Kanzleramt angesiedelten Frauenministerium von Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) und der SVA also noch nicht.

WKO-Spitze involviert

Die Sprecher der beiden Häuser wollen dazu auf Anfrage gar nichts sagen, mittlerweile soll sich aber auch die Wirtschaftskammer-Spitze um Harald Mahrer eingeschaltet haben. Politisch ist das durchaus pikant, handelt es sich doch um einen ÖVP-internen Streit. Ob es zu einer Lösung kommt, ist aber laut informierten Kreisen mittlerweile mehr als fraglich. Die Beamten des Familienressorts sehen nur einen geringen rechtlichen Spielraum. Auf der politischen Agenda steht die Evaluierung des Kindergeldes erst 2020.

Sabine Jungwirth von der grünen Wirtschaft zeigt dafür kein Verständnis. Sie hat die Causa politisch ins Rollen gebracht, Initiativen im Wirtschaftsparlament gestartet und auch Musterklagen gestartet. "Die Familienministerin weiß nicht, wie es den Selbstständigen geht und mit welchen Problemen diese kämpfen", sagt sie. Es sei aber erfreulich, dass sich die SVA nun endlich für ihre Mitglieder engagiere. Gibt es aber nicht bald eine Änderung, werden die Prozesse vor den Arbeits- und Sozialgerichten wieder weitergehen. (Günther Oswald, 1.3.2019)