Bei der Affäre rund um Prügelvorwürfe gegen einen Ex-FPÖ-Politiker und die Einstellung der dazugehörigen Ermittlungen kommen auf die eine oder andere Weise fast alle Parteien vor.

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Brisante Vorwürfe gegen einen ehemaligen FPÖ-Politiker könnten wieder zu Ermittlungen führen. Dem früheren Abgeordneten war von seiner ehemaligen Geliebten vorgeworfen worden, sie krankenhausreif geprügelt zu haben. Der Ex-Politiker hatte das bestritten, die Staatsanwaltschaft Wien stellte das Verfahren im Vorjahr ein. Auch ein Fortführungsantrag wurde gerichtlich abgewiesen.

Nun will Wolfgang Blaschitz, der Anwalt der thailändischen Ex-Geliebten, das Verfahren neu aufrollen und einen Antrag auf Wiederaufnahme stellen, wie er dem STANDARD berichtete. Er bemängelt zahlreiche Widersprüche im Ermittlungsverfahren und verweist auf Recherchen von STANDARD und ZiB 2 am Sonntag, wonach ein damals führender Mitarbeiter des Verfassungsschutzes den FPÖ-Politiker in der Causa beraten haben soll.

Konkret ging es um mehrere strafrechtliche Vorwürfe, wie der Anwalt erzählt: Der einstige FPÖ-Politiker soll seine damalige Geliebte laut deren Angaben am 12. März 2016 in einem Hotel verprügelt haben. Im Sommer 2017 soll er sie laut ihren Angaben bedroht und genötigt haben. Für ihre Zusage, ihn wegen der Prügelei nicht anzuzeigen, soll er ihr einen gut bezahlten Job im Parlament versprochen haben. Der Politiker bestritt die Vorwürfe vehement.

Anwalt zweifelt Alibi an

Er hat für den Tatzeitpunkt des Prügelvorwurfs drei Zeugen genannt, die ihm ein Alibi gaben. Allerdings verweist der Anwalt des Opfers darauf, dass diese Zeugen keineswegs so unabhängig seien, wie die Staatsanwaltschaft behauptete. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Abgeordnete der FPÖ und deren Ehemann sowie um die Ehefrau des FPÖ-Politikers, die von der Affäre ihres Mannes wusste. Diese sollen zu jener Zeit, in der angeblich der brutale Übergriff stattfand, gemeinsam zu Abend gegessen haben.

Eben weil zur Anfangszeit der Ermittlungen gerade Wahlkampf war, seien eine befreundete Politikerin derselben Partei und ihr Ehemann keine verlässlichen Zeugen, sagt Blaschitz. Für Familienmitglieder gelte das ohnehin.

Außerdem gab es bei den Ermittlungen Zweifel an den Angaben des ehemaligen FPÖ-Politikers. Der sagte aus, dass er um 16.00 Uhr ins Hotel eingecheckt und dann zu seiner Ehefrau gefahren sei. Allerdings wurde das Hotelzimmer laut Polizei erst um 16.49 Uhr online reserviert, der Check-in erfolgte um 17.09 Uhr. Die Angaben der Thailänderin deckten sich laut Ermittlern hingegen mit den Daten des Hotels, sie wusste außerdem die korrekte Zimmernummer. Deshalb schrieb das Landesamt für Verfassungsschutz von "Schutzbehauptungen des Beschuldigten". Dennoch stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.

Dazu kommen Vorwürfe, dass der ehemalige Verfassungsschutz-Referatsleiter P. dem FPÖ-Politiker geholfen habe. Der Verfassungsschützer war dem Freiheitlichen vom ÖVP-Abgeordneten Werner Amon vermittelt worden. Dieser sagte nun, er habe von den Prügelvorwürfen nichts gewusst. Er habe den FPÖ-Politiker nur deshalb an den mit ihm befreundeten P. vermittelt, weil der Freiheitliche "vermutete, Opfer einer Spionageaktion zu sein", und sich Hilfe vom Verfassungsschutz erhoffte. Amon ist nicht nur mit P. gut befreundet, sondern hat auch in zumindest zwei Zusammenkünften mit der Thailänderin Bekanntschaft gemacht, wie dem STANDARD vorliegende Dokumente zeigen. Der Anwalt der Thailänderin will nun herausfinden, inwiefern P. den FPÖ-Politiker beraten hat. Blaschitz sieht einen ausreichenden Grund, das Verfahren noch einmal aufzurollen.

Thailand ist "not amused"

Seitens der thailändischen Botschaft ist zu hören, dass es vom BVT nie eine Anfrage hinsichtlich einer angeblichen Spionageaktion der thailändischen Staatsbürgerin gegeben habe. "Solche Vorwürfe wären sehr ernstzunehmend", heißt es seitens einer Quelle. "Wenn es auf nationaler Ebene solche Vermutungen gegen eine Person aus Thailand geben würde, wäre der geregelte Ablauf, uns darüber zu informieren." Mit der Botschaft habe die Frau keine berufliche Verbindung, man stünde ihr in der Causa nur zur herkömmlichen Beratung bereit.

Eine Zeitleiste zeigt, dass P., der ehemalige Leiter "Nachrichtendienste" im BVT, und der FPÖ-Politiker nach wichtigen Ereignissen Kontakt hatten. Das geht aus Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu einem anderen Fall, nämlich der BVT-Affäre, hervor. Im August 2017 erfolgte die Anzeige der thailändischen Frau, am 25. August leitete Amon P. laut Unterlagen die Visitenkarte des FPÖ-Politikers weiter. Am 20. Oktober veröffentlichte Vice einen Artikel über die Vorwürfe, in dem der FPÖ-Politiker genannt wurde; am 23. Oktober trafen P. und der FPÖ-Politiker einander mit einem Anwalt zum Abendessen.

Essen mit Anwalt

Laut Ermittlungen der WKStA soll P. sogar an einer Stellungnahme für den FPÖ-Politiker mitgeschrieben haben, die dieser bei der Staatsanwaltschaft einreichen wollte. Sie wurde laut dessen Anwalt Manfred Ainedter nie verwendet, ihr Inhalt ist nicht bekannt. Von Spionagevorwürfen fehle in der Beschuldigtenvernehmung des FPÖ-Politikers jede Spur, sagt Blaschitz, Anwalt der Gegenseite. P.s Anwalt gab an, die Treffen mit dem FPÖ-Politiker seien "privater Natur" gewesen.

Wegen P.s Beteiligung an der Causa könnten die Vorfälle Thema des BVT-U-Ausschusses werden. Neos und Jetzt wollen Amon sowie den Ex-FPÖ-Politiker laden; doch die SPÖ will die dafür nötigen Stimmen nicht bereitstellen, weil mit der Ladung Amons, also eines aktiven Abgeordneten, eine "rote Linie" überschritten werde. Laut Manfred Ainedter sei die ganze Causa Teil einer politischen Schmutzkübelkampagne und frei erfunden. Die Thailänderin stand jedenfalls in einer Beziehung zu einem SPÖ-Lokalpolitiker, wie aus dem Strafakt hervorgeht. Außerdem wurde sie bei ihrer Einvernahme von einer SPÖ-Gemeinderätin begleitet. Ebenjenes Umfeld der SPÖ würde ihr nun sogar davon abraten, selbst im U-Ausschuss auszusagen, sagt die Frau dem STANDARD. Sie sei, wie zuletzt berichtet, bereit dazu. (Fabian Schmid, Maria Sterkl, Thomas Hoisl, 29.3.2019)