Kanzler und Vizekanzler sind sich einig: Da kommt noch etwas im Lauf der Legislaturperiode.

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Wien – Ausgelassen wurde vom Kanzler kaum jemand: "Wir entlasten den Mechaniker, die Pflegekräfte, die Lehrerin, die Ärztin, kleine Unternehmer, Bauern, den Angestellten, den Kameramann, der hier bei der Pressekonferenz anwesend ist, die Fernsehzuseher zu Hause und die Pensionisten, die ihr Leben lang eingezahlt haben", sagte Sebastian Kurz am Dienstag bei der Präsentation der koalitionären Steuerreformpläne.

Wie berichtet tritt sie in mehreren Etappen in Kraft und soll im Vollausbau im Jahr 2022 ein Volumen von 8,3 Milliarden Euro erreichen. Mantraartig wurde wiederholt, dass man das Ganze ohne neue Schulden und ohne neue Steuern schaffe. Nicht erwähnt wurde dabei, dass ein kleiner Teil der Reform sehr wohl einnahmenseitig gegenfinanziert wird (Digitalsteuer, Tabaksteuer).

Kein Wahlversprechen gebrochen

Dass man ein Wahlversprechen gebrochen habe, weil ÖVP und FPÖ damals noch zehn bis zwölf Milliarden Euro an Entlastung angekündigt hatten, wollten Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache so nicht stehen lassen. Kurz sagte, er habe die Senkung der Abgabenquote in Richtung 40 Prozent versprochen. Dank besserer Konjunktur schaffe man dieses Ziel nun auch mit etwas kleinerem Volumen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz verteidigt in der "Zeit im Bild 2" die Steuerreformpläne seiner Regierung.
ORF

Strache wiederum stellte in Aussicht, dass es im Lauf der Legislaturperiode noch weitere Entlastungsschritte geben könnte. Auch wenn die aktuelle Reform für ihn bereits ein "großer Wurf" ist, bleibe auch die Abschaffung der ORF-Gebühr weiter Thema. "Ich werde wie ein Löwe dafür kämpfen."

Weitere Ökomaßnahmen

Auch beim Thema Ökologisierung des Steuersystems, die beim aktuellen Paket kaum eine Rolle spielt, dürfte noch etwas nachkommen. Man werde hier weitere Maßnahmen setzen, versprach Kurz, jetzt habe man das Thema bewusst von der Entlastung trennen wollen. Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) seien aber beauftragt worden, Vorschläge auszuarbeiten.

Bei der nun geplanten steuerfreien Mitarbeiterbeteiligung (bis zu 3.000 Euro pro Mitarbeiter) wartete Kurz mit einer gewagten Ansage auf. Er sprach von einem "15. Gehalt", das man ermögliche, auch Strache sprach von einem "de facto 15. Gehalt". Allerdings ist unklar, inwieweit die Mitarbeitererfolgsbeteiligung überhaupt in Anspruch genommen wird. Die Regierung schätzt den Steuerausfall durch die Maßnahme auf 100 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die Lohn- und Gehaltssumme lag in Österreich im Vorjahr bei 151 Milliarden Euro.

Geteilte Reaktionen

Erwartungsgemäß unterschiedlich fielen die Reaktionen auf die Steuerreform aus. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer nannte die Ankündigungen "ein wichtiges Signal für den Wirtschaftsstandort". Und auch Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung, fand lobende Worte: "Eine spürbare Entlastung von Menschen und Unternehmen stärkt die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Landes." Ähnliche Töne kamen auch vom Wirtschaftsbund, laut dem Kleinunternehmer nun "aufatmen" könnten.

Harschere Worte fand hingegen Nikolaus Scherak, Klubobmann der Neos. Er kritisiert, dass "die Abschaffung der kalten Progression auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wurde" und sich Bürger die Entlastung selbst zahlen müssten.

"Reförmchen" statt Reform

Auch aus den Bundesländern gab es zahlreiche Rückmeldungen. Für den Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ist die Reform "zu wenig und zu spät", es sei letztlich nur ein "Reförmchen" herausgekommen. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sagte, er sei ein "deutlicher Befürworter" der Reform. "Es geht in die richtige Richtung", meinte Platter vor allem im Hinblick auf die Entlastung geringer Einkommen.

Viel Kritik gab es angesichts der geringen Zugeständnisse in puncto Ökologisierung: Die NGO Greenpeace sprach angesichts der präsentierten Details von einem "folgenschweren Versäumnis im Kampf gegen die Klimakatastrophe". Auch Global 2000 und die Liste Jetzt pochten auf die fehlenden Ökologisierung. (go, red, 30.4.2019)