Mit Boris Johnson folgt ein Tory-Parteichef, dem die 27 EU-Partner in Sachen Brexit noch viel weniger über den Weg trauen können als der scheidenden britischen Premierministerin Theresa May.

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Nur eine Woche nach dem Rücktritt von Theresa May als Tory-Parteichefin deutet viel darauf hin, dass ihr Nachfolger im Eilzugtempo gewählt wird. Und mit Boris Johnson ein Mann kommt, dem die 27 EU-Partner in Sachen Brexit noch viel weniger über den Weg trauen können als der scheidenden britischen Premierministerin.

Sie hatte zumindest einen sachlich fundierten EU-Austrittsvertrag ausgehandelt, der den Schaden auf beiden Seiten in Grenzen hielte. Er gilt in der Sache als notorischer Schwindler. Dass May damit im Unterhaus nicht durchkam, war ihrem Ungeschick und temporärem Irresein britischer Innenpolitik geschuldet. Aber sie ist Vergangenheit. Schon im Juli dürfte der neue britische Premier die nächste Runde in der "Brexit-Schlacht" einleiten – das Finale.

Die Staats- und Regierungschefs der EU-27 sollten dazu beim EU-Gipfel diese Woche ihre Strategie und Mittel neu ausrichten. Mitte April hatten sie den Austrittstermin um sechs Monate auf den 31. Oktober verschoben. Das war reiner Zeitgewinn wegen der EU-Wahlen – und vergeblich.

Johnson droht damit, ausständige Zahlungsverpflichtungen an die EU zu ignorieren. Die EU-27 täten gut daran, solchen "Brexit-Spielchen" im Vorhinein einen Riegel vorzuschieben. Sie müssen klarstellen, dass es keine weitere Verzögerung mehr geben wird, dass der Brexit am 31. Oktober notfalls mit einem harten Bruch vollzogen wird. Das ist die einzige Sprache, die Boris und Co verstehen. (Thomas Mayer, 17.6.2019)