Das Teatro Barocco lässt nicht nur klassische und vorklassische Klänge wiederauferstehen, sondern auch die damaligen Bühnenwelten: Kerzenlicht bescheint Seidenroben

Foto: Barbara Palffy

In den düsteren, bleischweren Jahrtausenden des Patriarchats hatten es die Frauen selten leicht. Die meisten schmachteten als Leibeigene lebenslänglich im Ehekerker, dem unbemannten Rest erging es nicht wesentlich besser. Das Teatro Barocco zeigt in seiner diessommerlichen Produktion konträre weibliche Reaktionen auf männliche Repressionen und Verletzungen auf: Widerstand und Weltflucht.

In Georg Anton Bendas Opera buffa Il buon marito (1765) hat Rosetta die Nase voll davon, dass ihr Mann ständig zu tief ins Glas sowie anderen Frauen hinterherschaut. Als Bazzotto eines Nachts betrunken nach Hause torkelt, verkleidet sie sich und bandelt auf der dunklen Straße mit ihrem eigenen Mann an. Als dieser anbeißt, gibt sie sich zu erkennen und spielt die Empörte. Bazzotto (ital. für angeschickert, weichgekocht) muss Rosetta diverse Freiheiten gewähren, um den Ehefrieden wiederherzustellen. Als Pausenfüller und tragisches Kontrastmittel zu Bendas zweiaktigem Intermedio zeigt man Haydns Solokantate Arianna a Naxos (1789) in szenischer Umsetzung (sowie in einer Fassung für Streicher).

Glänzende Koloraturen

Wie immer lässt Bernd R. Bienert, Mastermind und Faktotum des Teatro Barocco, nicht nur klassische und vorklassische Klänge, sondern auch die Bühnenwelten dieser Zeit wiederauferstehen. Simuliertes Kerzenlicht bescheint kostbare Seidenroben; zwischen gemalten Bühnenprospekten sind exaltierte Gesten sowie zwischen Nina Hagen und der Löwinger-Bühne changierende Schminktechniken zu bestaunen.

Wundervolle Sänger lassen die Tonkunst Haydns und Bendas lebendig werden: Maria Taytakovas bissige Rosetta bewältigt nicht nur die Koloraturen glänzend, Pablo Cameselle ist als gedemütigter Bazzotto in Sachen Komik und vokaler Höhensicherheit eine Klasse für sich. Ein Erlebnis auch Katharina Adamcyk, die als Arianna in vokaler Exzellenz eine Talfahrt der Gefühle von Hoffnung zur Verzweiflung darstellt und sich am Ende in malerische Meeresfluten stürzt.

Versunkene Musiktheaterwelten

Das Ensemble des Teatro Barocco (Leitung und Hammerklavier: Aries Caces) schippert am Premierenabend, bedingt durch den Riss einer Darmsaite, kurzzeitig durch intonationstrübe Gewässer.

Bienert überbrückt eine Unterbrechung mit der Bemerkung, dass das Publikum nun also tatsächlich eine Vorstellung wie damals erlebe – mit allen Unwägbarkeiten. Mitunter klingt das neunköpfige Orchesterchen etwas dünn, wenn man sich auch oft erfolgreich um Kontraste und Geschmeidigkeit bemüht.

Vagabundierte Bienerts Barockbühne in ihren Anfängen noch auf charmante Weise durch die Lande – neben dem Schlosstheater Laxenburg bespielte man etwa die prachtvolle Bibliothek des Stifts Altenburg -, so ist man nun im historischen Festsaal des Casino Baden heimisch geworden und entführt dort bis Mitte August in versunkene Musiktheaterwelten.
(Stefan Ender, 17.7.2019)