Ampelanzeige mit gleichgeschlechtlichem Paar: In Sachen echter Akzeptanz stehen die Zeichen für Lesben und Schwule vielfach auf Rot.

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Nach Einführung der Ehe für alle gehört Österreich bei den Rechten von Schwulen und Lesben zur Avantgarde. Auch im rechtlichen Umgang mit Transgenderpersonen ist man hierzulande vergleichsweise liberal.

Die Regenbogenparade in Wien ist ein riesiges Fest, das alljährlich Hunderttausende zur Ringstraße zieht. Gruppen von Kritikern und Feinden der Gleichstellung und gesellschaftlicher Akzeptanz sexueller Minderheiten, die dort auftreten oder dagegen demonstrieren, beeinträchtigen diesen Auftritt nur am Rande – während ähnlich motivierte Organisationen nur wenige hundert Kilometer weiter östlich eine virulente Gefahr für die dortigen LGBTIQ-Communitys darstellen.

Paradoxe Situation

Umso paradoxer mag deshalb die Klage von zwei schwulen Männern klingen, dass sie in der niederösterreichischen Gemeinde, in der sie leben, häufig Beschimpfungen ausgesetzt seien, wenn sie händchenhaltend oder sonst als Paar erkennbar durch die Straßen gehen. Auch die von mehreren Erhebungen untermauerte Nachricht, dass die Übergriffe auf LGBTIQ-Personen in der Öffentlichkeit in Österreich zugenommen haben, dürfte so manchem unglaubwürdig erscheinen.

Und doch ist es so – weil errungene Rechte nicht automatisch die Vorurteils- und Stimmungslagen in der Mehrheitsbevölkerung verändern. So ist etwa die Fehlinformation, dass Homosexuelle für Kinder eine Gefahr darstellen würden, weil sie eine Nähe zur Pädophilie hätten, in weiten Schichten immer noch tief verankert. Der Vater, der einem Himberger Männerpaar von einem Kinderspielplatz aus nachschimpfte, ist dafür ein beredtes Zeichen.

Aufgewühlte Stimmungslage

Auch die Vorstellung, dass Schwule "weibisch" und Lesben "vermännlicht" seien und man deshalb auf sie herabsehen und sie lächerlich machen dürfe, ist verbreitet. Und zwar unter angestammten Österreichern ebenso wie unter Einwanderern. Letztere kommen häufig aus Gesellschaften, in denen offen homosexuell zu sein mit sozialer Ächtung oder gar dem Tod bedroht ist.

Hinzu kommt eine allgemein aufgewühlte Stimmungslage, in der Hassbotschaften florieren, die sich gegen Minderheiten richten – und wo mit derlei von rechtsextremer Seite Politik gemacht wird.

Das alles bringt Schwule und Lesben in eine exponierte Lage. Als neue glückliche Besitzer voller bürgerlicher Rechte stehen sie althergebrachten Ressentiments gegenüber, deren Aufarbeitung auch unter idealen aufklärerischen Voraussetzungen mehrere Generationen dauern wird: eine von Aufbruch geprägte, aber nicht ungefährliche Position. (Irene Brickner, 17.7.2019)