Auch bei einem Einzug in den Nationalrat will Hans Hintner auf seinem Bürgermeistersessel im niederösterreichischen Mödling bleiben.

Foto: Hans Stefan Hintner

Ein Newcomer ist Hans Hintner eigentlich nicht, dagegen spricht eine jahrzehntelange Karriere als "Berufspolitiker", wie er sich selbst nennt. Andererseits ist der Mödlinger Bürgermeister einer der wenigen Kandidaten der ÖVP, die im Herbst erstmals in ihrem Leben in den Nationalrat einziehen könnten. Die Volkspartei setzt sonst großteils auf Kandidaten, die jetzt schon im Hohen Haus sitzen.

Der 55-jährige Kurz-Fan hat am 29. September gute Chancen auf ein Grundmandat, sofern die Türkisen im Regionalwahlkreis Thermenregion südwestlich der Bundeshauptstadt erfolgreich abschneiden. "Der Arbeitsweg nach Wien wäre für mich nichts Neues", meint Hintner und erinnert sich an die Anfänge seiner Laufbahn beim Österreichischen Gewerkschaftsbund. Als junger Mann schreibt er als Redakteur für die ÖGB-Mitgliederzeitschrift Solidarität, macht dort Reportagen und kümmert sich um den Leserservice. Zugleich engagiert er sich für die schwarze Arbeitnehmervertretung – die Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG). Mit dem kürzlich verstorbenen Sozialminister Rudolf Hundstorfer sitzt er in der ÖGB-Jugendleitung.

Für sein Studium der Geschichte bleibt daneben kaum mehr Zeit, weil – paradox genug – "die Arbeit bei der Gewerkschaft in Wahrheit ein 70-Stunden-Job war und größere Veranstaltungen oft am Wochenende stattgefunden haben".

Lob für Ex-Chef Neugebauer

Bald zieht es den – laut Eigenauskunft – Christlichsozialen näher an die Politik heran, er wird Pressereferent bei der FCG und arbeitet eng mit dem Fritz Neugebauer, dem Vorsitzenden der Beamtengewerkschaft, zusammen. Hintner ärgert sich bis heute darüber, dass seinem Chef in der Öffentlichkeit stets der Ruf eines Blockierers zugedacht wurde: "Neugebauer hatte Handschlagqualität und ein enormes Wissen. Für den zeitgeistigen Schrei nach Reformen, bei denen niemand weiß, wo es überhaupt hingehen soll, hatte er nichts übrig."

Im Jahr 1998 steigt Hintner dann endgültig selbst in die Politik ein, er setzt sich in einem ÖVP-internen Vorzugsstimmenwahlkampf durch und schafft den Sprung in den niederösterreichischen Landtag, wo er bis 2018 auch zwanzig Jahre bleiben sollte.

Ausscheren bei Karfreitag

In seiner traditionell schwarzen Heimatstadt Mödling wird er 2003 zum Bürgermeister gewählt – ein Job, von dem er noch nach 16 Jahren im Amt schwärmt: "Auf kommunaler Ebene hat man als Politiker mehr Entscheidungsfreiheit als irgendwo sonst, man spürt sofort, wenn etwas umgesetzt werden kann." Bisweilen auch gegen die Wünsche der eigenen Partei. So etwa im vergangenen Jahr, als Türkis-Blau nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs keinen zusätzlichen Feiertag einführte und damit der bis dato für evangelische Arbeitnehmer freie Karfreitag entfiel. Für Hintner ein No-Go, zumal Mödling eine protestantische Hochburg darstellt. In Mödling bekamen daher alle protestantischen Gemeindemitarbeiter am Karfreitag Sonderurlaub. Wie man das in Zukunft handhaben werde, sei aber noch offen – einen permanenten Alleingang Mödlings kann sich Hintner nicht vorstellen und hofft auf eine österreichweite Neuregelung.

Dafür kann er sich womöglich schon ab Herbst selbst im Parlament einsetzen. Wobei er dann als Bürgermeister und Mandatar zwei Full-Time-Jobs unter einen Hut bringen müsste. Eine machbare Aufgabe, glaubt Hintner, denn es gebe ohnehin Synergieeffekte: "Als Bürgermeister muss man sowieso Allrounder sein und sich überall auskennen, egal ob Baurecht oder Bildungspolitik." (Theo Anders, 17.9.2019)